Wie Donald Trump gegen die Mehrheit regiert

Die Midtermelections Anfang November waren ein erster großer Stimmungstest für Donald Trump. Ein eindeutiges Ergebnis blieb aus. Während die Rechte seit Jahren auf die selben Strategie setzt, ist der Großteil der Demokratischen Partei in der Inhaltsleere gefangen. Eine Bestandsaufnahme der US-amerikanischen Pattsituation von Adam Baltner.

Donald Trumps Politik hat keine Mehrheit in den USA. Das zeigten die Ergebnisse der Midtermelections Anfang November einmal mehr. Knapp 39 Prozent erhielten republikanische Kandidat*innen im Senat, auch im Repräsentantenhaus bekamen sie knapp sechs Prozent weniger als die demokratische Konkurrenz. Und doch ist das Ergebnis bei den Midterms kein deutliches. Sowohl der Präsident als auch seine Partei auf der einen, wie die Demokrat*innen versuchen den Wahlsieg für sich zu beanspruchen. In jedem Fall beweist das Ergebnis einmal mehr die undemokratischen Strukturen der großen amerikanischen Politinstitutionen.

Keine Überraschung

Beginnen wir bei den nackten Zahlen. Obwohl noch immer Stimmen ausgezählt werden, sind ab dieser Woche die Ergebnisse mehr oder weniger fix. Auf der nationalen Ebene sieht es so aus, als ob die Demokrat*innen 38 zusätzliche Sitze und damit eine 233-zu-202-Mehrheit im Repräsentantenhaus errangen, während die Republikaner*innen zwei Sitze im Senat gewannen und ihre knappe Mehrheit auf sechs Sitze ausbauen konnten. In den Bundesstaaten legten die Demokrat*innen deutlich zu, auch wenn die Republikaner*innen nach wie wie vor über erhebliche Mehrheiten verfügen. Es wird ab 2019 27 republikanische und 23 demokratische Gouverneur*innen sowie 22 republikanische und 14 demokratische Landtage geben. In den restlichen 14 Landtagen werden die Demokrat•innen und die Republikaner*innen jeweils ein von den zwei Landtagshäusern kontrollieren.

Diese Wahlergebnisse sind keine große Überraschung. Dass die Demokratische Partei trotz Mehrheit Sitze im Senat abgeben musste, lag vor allem daran, dass sich überwiegend ihre KanidatInnen der Wiederwahl stellen mussten. Da die Amtszeit für Senator*innen sechs Jahre dauert, wird alle zwei Jahre nur etwa ein Drittel des Senats gewählt. Dieses Jahr wurden 35 Sitze umgekämpft, nur neun von republikanisch besetzt. Die Demokrat*innen hatten zu verteidigen und wenige Chancen, an Boden gutzumachen.

Strukturelle Vorteile

Die satte Mehrheit der Demokrat*innen erklärt sich folglich auch daraus, dass dieses Jahr mehr Senator*innen in traditionell demokratischen Bundesstaaten zur Wahl standen. Aber wenn man die Ergebnisse der Senat-Wahlen von 2016 und 2014 mitbetrachtet, stellt sich heraus, dass die Demokrat*innen 55,2% der Stimmen erhielten, die für Senator*innen des kommenden 2019-2020 Senats abgegeben wurden. Dass die Republikaner*innen, die 44,8% bekamen, über eine 53-zu-47-Mehrheit verfügen werden, zeigt deutlich, wie undemokratisch die Institution des Senats tatsächlich ist. Jeder Bundesstaat, egal wie groß seine Bevölkerung, hat zwei Senator*innen – egal ob für 40 Millionen Einwohner*innen wie Kalifornien oder 600.000 wie Wyoming. Weil ländlichere US-Bundesstaaten in der Regel konservativer sind, bedeutet das einen massiven strukturellen Vorteil für die Republikanische Partei.

Republikanische Strategie für Trump

Die Rechte weiß davon und nutze es schon wie bei den Wahlen 2016 aus. Die Republikaner*innen zielten darauf, die Wähler*innenkoalition zu verfestigen, die 2016 Trump zum Präsident machte. Sie bestand vor allem aus traditionellen republikanischen Wähler*innen, einer eher wohlhabenden Gruppe, aber auch aus (hauptsächlich weißen) Teilen der Arbeiter*innenschicht. Sie sind hart von Globalisierung und Deindustrialisierung betroffen – und daher besonders empfänglich für Trumps „Make America Great Again“-Wahlversprechen waren. Außerdem wollten die Republikaner*innen ihre Hegemonie ausbauen, damit sie ihr antidemokratisches Staatsprojekt weiterhin durchführen können, um langfristige demographische Trends in den USA politisch zu neutralisieren.

Aktuell sind sie die größte Drohung für die Republikanische Partei. Ihre Wählerschaft wird älter, und junge US-Amerikaner*innen bewegen sich nach links. Überdies wird die US-amerikanische Wählerschaft zunehmend ethnisch vielfältig, während die republikanische Basis hauptsächlich weiß bleibt. Aber wegen von republikanischen Landesregierungen durchgeführten Maßnahmen wie der Einführung von restriktiven „Voter-ID-laws“ oder der eigennützigen Änderung des Zuschnitts von Wahlkreisen („Gerrymandering“), um die Mehrheitsverhältnisse dort zu beeinflussen, schaffen es die Republikaner*innen, trotz ihres Status als eine nationale Minderheitspartei, an der Macht zu bleiben.

Die Massenbewegung fehlt

Dennoch hätten die Demokrat*innen wohl auf deutlichere Zugewinne gehofft. Es ist üblich, dass die Partei des amtierenden Präsidenten bei den Midterms verliert. Die Beliebtsheitwerte von Trump sind, historisch betrachtet, besonders niedrig. Es wäre mehr drin gewesen. Denn es sind eben nicht nur die undemokratischen Strukutren des Staates, die eine linke Mehrheit verhindern.

Außer Kandidat*innen wie Alexandria Ocasio-Cortez und Julia Salazar, die alte Parteifunktionäre durch Guerilla-Kampagnen besiegten, führte die Demokratische Partei selbst einen inhaltslosen Wahlkampf. Der einzige rote Faden ihres Messaging war eine sehr allgemeine Opposition zu Trump, die oft auf seine unanständige Persönlichkeit, statt auf seine menschenverachtende, arbeiterfeindliche Politik fokussierte. Darüber hinaus bot sie keine positive Alternative zu Trumps kulturelle Ressentiments an, mit denen entfremdete Menschen hätten politisiert werden können.

Es gibt keine Mehrheit für Donald Trumps Politik. Aber um an der Macht zu bleiben, brauchen die Rechten in den USA keine soziale Mehrheit. Um die US-amerikanische Rechte wiederum zu besiegen, braucht es keine einfache Mehrheit, sondern eine Massenbewegung: eine Massenbewegung von Menschen, die in ihrer Vielfalt um ihre gemeinsamen Klasseninteressen vereinigt sind.

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