Stadt Wien räumt Lobaubesetzung: Lena Schilling im Interview

Räumung Hausfeldstraße

Heute Morgen um acht Uhr begann die Räumung der Lobaubesetzung in der Hausfeldstraße, der sogenannten „Wüste“. Mosaik spricht mit der Klimaaktivstin Lena Schilling über das Vorgehen der Polizei, die uneinsichtige Stadtregierung und die Zukunft des Protests gegen die Stadtautobahn.

Gerade baut die Polizei Sperrgitter auf und umstellt die Baustelle in der Hausfeldstraße, zeitgleich wird in den umliegenden Straßen ein Baum nach dem anderen gefällt. Die Stationen der nächstgelegenen öffentlichen Verkehrsmittel sind gesperrt, um den Gegenprotest kleinzuhalten, trotzdem sammeln sich immer mehr Unterstützer*innen bei der Besetzung. Es gibt bereits mehrere Festnahmen.

Mosaik-Blog: Was passiert gerade in der „Wüste“? Wie läuft die Räumung ab?

Lena Schilling: Es sind hunderte Polizist*innen vor Ort. Uns wurde kommuniziert, dass sie den Einsatz heute beenden, die Besetzung hier also komplett räumen wollen. Die Stadt Wien hetzt Polizist*innen auf Klimaaktivist*innen, nachdem sie monatelang für eine friedliche Lösung plädiert hat.

Es werden nicht einmal parlamentarische Beobachter*innen zur Räumung zugelassen. Wir wissen nicht, wie es den Aktivist*innen geht, die noch auf der Baustelle sind, weil wir nicht hinkommen. Das ist emotional sehr belastend für uns.

Warum passiert die Räumung gerade jetzt?

Lena Schilling: Seit Monaten spitzt die Stadt Wien den Konflikt um die Stadtstraße zu. Schon Mitte Dezember wurde seitens der Polizei die Räumung der Baustellenbesetzung in der Hausfeldstraße verkündet. Zwei Tage später wurde rund 50 Aktivist*innen die Androhung einer Klage in Millionenhöhe per Anwaltsschreiben übermittelt. Dann hat der Bürgermeister den Brandanschlag auf junge Klimaaktivist*innen massiv relativiert. Ungläubig konnten wir daraufhin lesen, dass ein Ex-Sektionschef der SPÖ dem Täter dieser Horrortat, bei der acht Menschen hätten sterben können, einen Orden verleihen wollte.

Die Stadt hat in den letzten Wochen jedes konstruktive Gespräch abgelehnt und die Stadträtin im letzten Gespräch nochmal geäußert, dass sie die Besetzung nicht weiter dulden wird. Die Räumung ist also die letzte Karte der Stadtregierung, die in den letzten Monaten mal wieder bewiesen hat, dass sie in Klimafragen immer auf der Seite des Kapitals steht.

Foto: System Change Not Climate Change

Ihr habt bereits letzte Woche eine Räumung vermutet und Unterstützer*innen ins Camp mobilisiert. Gibt es gerade Protest vor Ort?

Lena Schilling: Es sind mittlerweile 150 bis 200 Aktivst*innen vor Ort, die bei der Kundgebung neben der Räumung stehen. Wir können aber nicht hinein, weil Polizist*innen das ganze Gebiet absperren.

Außerdem haben Aktivist*innen eben einen Bagger besetzt, weil parallel zur Räumung großflächige Rodungen in der Süßenbrunnerstraße, der Spargelfedlstraße, der Quadenstraße, der Emichgasse und der Guido-Lammergasse begonnen wurden. Klar ist, dass der Protest weitergehen wird.

Welche Möglichkeiten gibt es heute, euch zu unterstützen?

Lena Schilling: Es gibt gerade eine angemeldete Kundgebung direkt bei der U2-Station Hausfeldstraße. Es sind schon einige Aktivist*innen in Polizeiwannen in Gewahrsam und werden vermutlich abgeführt. Sollten die Polizei sie in ein Polizeianhaltezentrum bringen, wird es vor Ort Unterstützungsstrukturen geben. Außerdem findet heute Abend um 18 Uhr eine große Solidaritätskundgebung vor der SPÖ-Zentrale statt.

Was bedeutet dieser Morgen für euch Aktivist*innen? Wie geht es jetzt weiter?

Lena Schilling: Die LobauBleibt-Bewegung hat gezeigt, was ein Schulterschluss in der Klimabewegung kann. Seit fünf Monaten stehen die Baustellen der Stadtstraße still. Wir haben gezeigt, dass wir das Unmögliche möglich machen können, wenn wir vehement für Klimagerechtigkeit einstehen.

Der Protest wird weitergehen. Seit letzter Woche werden 100 000 Zeitungen über den Erfolg und die Geschichte der jungen Bewegung verteilt. Wir nehmen die Zukunft in unsere Hand, diesen Satz haben wir sehr wörtlich genommen. Und das werden wir weiterhin, denn wir werden auch in Zukunft für Gerechtigkeit aufstehen und uns für Gerechtigkeit gemeinsam hinsetzen und Bagger blockieren – bis die Stadtautobahn und die Lobauautobahn gestoppt sind.

Foto: System Change Not Climate Change

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