Lobauproteste: Was du jetzt tun kannst

Protestcamp Lobau

Macht es derzeit Sinn ins Camp zu kommen, was musst du dabei beachten und wie kannst du die Lobauproteste auch anderswo unterstützen? Lea X hat sich bei der Lobaubewegung umgehört und liefert die Antworten.

Wieso wird immer noch protestiert, wenn die Lobauautobahn doch schon abgesagt ist?

Trotz des Evaluierungsbefunds, dass die Lobauautobahn und der Lobautunnel nicht mit den österreichischen Klimazielen vereinbar ist, wollen die Stadt Wien und das Land Niederösterreich weiterhin den Bau erzwingen. Kürzlich haben sie eine Klage eingereicht und versuchen damit, den Baustopp aufzuheben. Außerdem will die Stadt Wien auf jeden Fall die sogenannte Stadtstraße, eine vierspurige, autobahnähnliche Schneise quer durch die Donaustadt, bauen.

Die Stadtautobahn war eigentlich als verbindende Schnellstraße zwischen Tangente und Lobauautobahn geplant und ergibt nach deren Stopp verkehrspolitisch keinen Sinn mehr. Auch steht sie im Widerspruch zu den Klima- und Mobilitätszielen der Stadt Wien: Bis 2030 soll laut Smart-City-Rahmenstrategie der Anteil der mit dem Auto gefahrenen Strecken sowie die CO2-Emissionen im Verkehr halbiert werden. Die Protestbewegung fürchtet, dass die SPÖ Wien mit dem Bau der Stadtautobahn Fakten schaffen will, um später doch noch die Lobauautobahn durchzusetzen. Daher, erklärt eine Aktivistin, bleibe ihr keine andere Wahl, als sich weiterhin mit ihrem Körper gegen dieses Projekt zu stellen.

Es ist Winter, macht es da überhaupt Sinn ins Camp zu kommen?

Ja, es macht sogar sehr viel Sinn, denn im Winter ist es besonders herausfordernd, die Proteste aufrecht zu erhalten. Das geht nur, wenn immer wieder Verstärkung kommt und die Aktivisti (Selbstbezeichnung ohne Pronomen) vor Ort spüren, dass sie nicht allein sind. Schau am besten, wann es wieder Programm vor Ort gibt – mit dem Telegram-Kanal von Lobau bleibt bist du immer über die nächsten Termine am Laufenden. Wenn du noch nie oder schon länger nicht mehr im Camp warst, ist es gut, erst einmal untertags oder abends ins Camp zu kommen, um dich zu orientieren.

Aktivisti berichten auch, dass die Gespräche mit der Stadt Wien nicht gut laufen. Bürgermeister Ludwig und Stadträtin Sima sind nicht bereit, über klimagerechte Lösungen für die Donaustadt zu sprechen. Wenn die Gespräche scheitern, wird eine Räumung der Besetzungen wahrscheinlicher. Daher wünschen sich die Leute vor Ort gerade jetzt, dass viele kommen und Solidarität mit den Klimaaktivisti audrücken (zu rechtlichen Aspekten vor Ort siehe unten).

Wie kann ich die Proteste unterstützen, wenn ich nicht ins Camp fahren kann oder will?

Dafür ist jetzt ein idealer Zeitpunkt. Denn die Lobaubleibt-Bewegung hat gerade eine Zeitung gedruckt, um ganz Wien darüber zu informieren, warum die geplante Stadtautobahn verhindert werden muss. Diese 100.000 Zeitungen müssen verteilt werden. In den nächsten Tagen gibt es daher Aktionen in allen Wiener Bezirken, bei denen die Zeitschriften in Postkästen landen sollen. Am 27. Jänner geht’s los, jede Verteilaktion dauert ein bis zwei Stunden. Eine Übersicht der Termine findest du in diesem Pad, über die Facebookseite bleibst du am Laufenden (geht auch ohne Facebook-Konto). Wenn du bisher noch nicht in der LobauBleibt-Bewegung aktiv warst, ist das jetzt die perfekte Gelegenheit, um einzusteigen.

Lobaubleibt-Zeitung

Gibt es noch andere Möglichkeiten, aktiv zu werden?

Du kannst die Proteste materiell unterstützen, indem du Sachen, die gebraucht werden, im Camp vorbeibringst. Dafür gibt es hier eine Liste, die regelmäßig aktualisiert wird. Auch Geldspenden sind möglich und laufen über das Konto von System Change noch Climate Change (@SystemChangeAT; IBAN AT32 3412 9000 0023 4757; Referenz: #Lobaubleibt). 

Außerdem ist es wichtig, dass die Bewegung noch breiter- und die politische Debatte über die Stadtautobahn am Laufen gehalten wird. Verbreite dafür die Infos zu den Protesten, der Kritik an der Stadtautobahn und dem Autobahnbau generell auf Social Media. Sprich mit Kolleg*innen, Bekannten und Nachbar*innen darüber! Und schließlich muss der Druck auf die politischen Entscheidungsträger*innen steigen. Lass die Stadt Wien wissen, was du vom Projekt und den höchst fragwürdigen Behauptungen hältst, die sie dafür verbreitet. Kontaktiere die SPÖ und die NEOS und teile ihnen deine Kritik mit.

Was soll ich mitbringen, wenn ich die Lobauproteste unterstützen will?

Also erst einmal: Niemand muss im Regen oder in der Kälte stehen, es gibt inzwischen beheizte Unterkünfte. Trotzdem solltest du warme Kleidung, die schmutzig werden darf, und gut isolierte Schuhe anziehen. Außerdem ist eine Wasserflasche praktisch, was zum Draufsitzen und eventuell Verpflegung. Es gibt aber im Camp eine super Küche und natürlich Trinkwasser. Für Abende und Nächte ist eine Stirnlampe praktisch. Teste dich, bevor du kommst, und setze in Innenräumen eine FFP2-Maske auf. Weitere Verhaltensregeln findest du hier. Was du bitte daheim lässt: Alkohol, Drogen und Dinge, die als Waffen gelten können. Hunde sind auch willkommen, solange sich alle Teilnehmer*innen damit gut fühlen. Außerdem noch gute Stimmung bitte, heißt es im Camp.

Wenn du übernachten möchtest brauchst du jedenfalls einen Winterschlafsack (gebraucht etwa hier), eine Isomatte und eine Zahnbürste. Es stehen auch Übernachtungsmöglichkeiten in den beheizten Holzbauten zur Verfügung – ein aktueller PCR-Test ist dafür genauso wie für den Camp-Besuch essenziell!

Wo muss ich genau hin?

Es gibt weiterhin das angemeldete Protestcamp im Schlosspark Hirschstetten, unmittelbar neben der Route der geplanten Stadtautobahn. Das Protestcamp war anfangs nur für eine Woche geplant, besteht jetzt aber schon fast fünf Monate.

Außerdem besetzen Aktivisti weiterhin zwei Baustellen für Vorbereitungsarbeiten zur Stadtautobahn. Der erste Baustellenbereich liegt bei der Hirschstettner Straße 44, wo vor Kurzem der Brandanschlag stattfand. Sie wird auch Grätzel 1 oder Octopussy’s Garden genannt. Die zweite Baustelle, a.k.a Grätzel 4 oder Wüste, befindet sich an der Hausfeldstraße, dort steht die schon ikonische Pyramide.

Baustellenbesetzung bei der Hausfeldstraße, (c) System Change not Climate Change, Twitter

Riskieren Personen, die jetzt an der Besetzung teilnehmen, eine Strafe oder Klage?

Beim Protestcamp in der Anfanggasse handelt es sich um eine angemeldete Versammlung. Eine Auflösung der Versammlung und damit auch des geschützten Bereichs ist nur bei Gefährdung für die öffentliche Ruhe oder Ordnung möglich, wovon nicht auszugehen ist. Im Camp dürfen sich alle Teilnehmenden aufhalten, ohne Repression fürchten zu müssen.

Das Grätzl 1 in der Hirschstettnerstraße ist eine Spontanversammlung, die derzeit laut Aktivisti vor Ort von der ASFiNAG geduldet wird. Auch hier sind alle Anwesenden vom Versammlungsrecht geschützt. Dass Bürgermeistert Ludwig nach dem Brandanschlag behauptete, es handle sich bei der Besetzung um einen rechtsfreien Raum, ist entschieden zurückzuweisen. Es gibt keine „rechtsfreien Räume“ in Wien. Das Grätzl 1 unterscheidet sich vom Basiscamp insofern, als dass eine Versammlungsauflösung leichter vorstellbar ist. Der Schutz kann also unter Umständen schneller wegfallen.

Im Camp Wüste ist die Lage laut Einschätzung der Aktivisti prekärer. Die dortige Versammlung wurde Anfang Dezember von der Polizei formal aufgelöst. Rechtsfolge: Alle Anwesenden sind verpflichtet, den Versammlungsort zu verlassen – sonst droht eine Verwaltungsstrafe, also eine kleinere Geldstrafe von der Polizei. Bevor eine Versammlung geräumt und eine Auflösung somit faktisch vollzogen wird, muss dies verständlich von der Polizei vor Ort verlautbart werden (zum Beispiel per Lautsprecher). Sodann muss anwesenden Personen eine angemessene Zeit gegeben werden, um den Versammlungsort zu verlassen. Es darf also nicht sein, dass Personen ganz plötzlich und ohne Vorwarnung von der Polizei angehalten werden und eine Strafe kassieren. Es sollte in jedem Fall genügend Zeit geben, nach Aufforderung den Ort des Geschehens zu verlassen.

Wie sieht es mit zivilrechtlichen Klagen aus? Die Stadt Wien hat ja bereits Klagsdrohungen an zahlreiche Personen verschickt. Können Personen für ihre Unterstützung der Aktionen haftbar gemacht werden?

Prinzipiell kann in Österreich jede*r gegen jede*n eine Zivilklage einbringen, dabei handelt es sich nicht um Strafverfahren. Ob die Klage rechtens ist und wer am Ende Recht behält, entscheidet das Gericht. Die Stadt Wien kann das als Grundeigentümerin des besetzen Orts also machen.

Um jemanden erfolgreich zu klagen, muss die Stadt Wien der Person einen rechtswidrig verursachten Schaden nachweisen. Das wäre etwa dann möglich, wenn sich jemand unmittelbar auf einer Besetzung befindet, sich trotz aufgelöster Versammlung weigert zu gehen und dann die Identität festgestellt wird. Es ist aber leider auch möglich, wenn jemand nicht selbst auf der Besetzung ist, sondern zum Beispiel zur Besetzung aufgerufen hat oder bestimmte Anweisungen/Anleitungen zur Organisation der Besetzung gegeben hat.

Was alles als Ursache für einen Schaden gesehen werden kann, lässt sich im Vorhinein nicht eindeutig sagen. Unter Umständen kann auch schon der Aufruf, sich an der Besetzung zu beteiligen, zu einer Haftung führen. Natürlich darf man die eigene Meinung äußern, sich künstlerisch betätigen, mal Essen vorbeibringen oder Debatten führen, ohne eine gerechtfertigte Zivilklage befürchten zu müssen. Solltest du Zweifel haben, was noch geht oder eben nicht mehr, steht die Rechtshilfe von System Change not Climate Change für Fragen zur Verfügung.

Dauernd passiert etwas Neues, wie bleibe ich am Laufenden?

Der beste Weg am Laufenden zu bleiben ist der „Lobau bleibt“-Ticker auf Telegram, den du hier abonnieren kannst.

Ansonsten folge den beteiligten Gruppen auf der Social-Media-Plattform deiner Wahl: Fridays4Future Wien, Jugendrat, System Change not Climate Change, XR Wien, Hirschstetten Retten, Rettet die Lobau.

Autor

 
Nach oben scrollen