Das schwarz-blaue Kürzungsprogramm in Oberösterreich

Oberösterreich macht vor, was ganz Österreich unter Schwarz-Blau droht. Kürzen wird zum Staatsauftrag, Ausgaben für Soziales und Kultur lediglich als Belastung dargestellt und die Schwächsten in der Gesellschaft im Stich gelassen. Dagmar Andree über die Pläne der ÖVP-FPÖ-Regierung in Linz.

Eine Woche nach der Nationalratswahl ließen ÖVP und FPÖ die Masken fallen. Am 23. Oktober präsentierten sieben Männer und zwei Frauen – Regierungsmitglieder und Klubobleute von ÖVP und FPÖ – das neue Kürzungsprogramm für das Land Oberösterreich. Die Vorgaben wurden gleich zu Beginn klar gestellt: Auf Seite eins der Presseunterlagen prangte ein Null-Euro-Symbol. Erklärtes Ziel ist, die Einstufung durch die Ratingagentur Standard and Poor’s positiv zu beeinflussen.

Und noch etwas machte Schwarz-Blau in Oberösterreich gleich zu Beginn deutlich: Die anderen haben nichts zu sagen. Bei der Pressekonferenz waren weder die Soziallandesrätin (SPÖ) noch der Integrationslandesrat (Grüne) geladen. Ihnen wurde über die Medien mitgeteilt, welche Kürzungen ihr jeweiliges Ressort umzusetzen hat.

Wortbruch und Sozialabbau

Im oberösterreichischen Sozialressort dominieren schon lange Kürzungsvorgaben, die bislang auch von der SPÖ Oberösterreich zähneknirschend mitgetragen wurden. Sie werden von Gewerkschaften und NGOs seit Jahren massiv kritisiert. Das Sozialbudget besteht zu großen Teilen aus Personalkosten, jeder Einschnitt geht auch zulasten der dort Beschäftigten. Unter dem früheren Landeshauptmann Pühringer hatte man sich auf einen Finanzierungspfad geeinigt: Fünf Prozent sollte das jährliche Sozialbudget steigen, parallel sollten gemeinsam mit ExpertInnen und NGOs Einsparungspotenziale definiert werden.

Das gilt nun nicht mehr. Die schwarz-blaue Regierung hat der zuständigen Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) die neuen Vorgaben über die Medien mitgeteilt: Minus zehn Prozent bei den Ermessensausgaben und nur 3 Prozent mehr auf das um diese Summe reduzierte Budget. Das bedeutet bereits 2018 um 20 Millionen Euro weniger verfügbares Budget.

Null Spielraum im Sozialbereich

Zehn Prozent Einsparungen im Ermessensbereich bedeuten massive Einschnitte. Es trifft beeinträchtigte Kinder und deren Angehörige, weil Ferienprogramme gestrichen werden müssen. Diese wichtige Entlastung für berufstätige Angehörige können diese nicht durch Eigenleistungen kompensieren. Meist wird hier schon durch Teilzeitarbeit auf Einkommen verzichtet, da ist kein Spielraum. Heizkostenzuschüsse für MindestpensionistInnen, Ausbildungsprojekte für Jugendliche, die es schwerer haben am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder die Schulsozialarbeit – all diese wichtigen Leistungen sind nun von Kürzungen bedroht.

Auch im Sozial- und Pflegebereich lassen die Ankündigungen Schlimmes erahnen. Bereits jetzt sind die Lohn- und Arbeitsbedingungen im Sozialbereich extrem belastend. Im Schnitt werden die Belegschaften auch älter. Hier bräuchte es eigentlich Entlastung, zusätzliche Mittel für Personalausgleich und höhere Bezahlung für enorme Leistungen. Durch die Kürzungen passiert das Gegenteil. Sie führen zu Einschnitten in der Qualität – sowohl für die, die Leistungen in der mobilen Pflege oder für Menschen mit Beeinträchtigung beanspruchen als auch für die Lebensqualität der Beschäftigten. Die oft gelobten Jobs der Zukunft werden zur Gesundheits- und Existenzgefährdung.

Familien, Frauen und Junge verlieren

Keine Sommerferien für Kinder mit Beeinträchtigung, Selbstbehalte für Kinder in der Nachmittagsbetreuung, Studiengebühren an den Fachhochschulen, weniger Angebote für die Arbeitsmarktintegration  – all das unter dem Titel „Die Familie hat in unserer Gesellschaft nach wie vor den höchsten Stellenwert“. Hier kann wohl nur von einem konservativen Familienbild ausgegangen werden. Unter Schwarz-Blau sollen Frauen gezwungen werden, zu Hause zu bleiben oder höchstens Teilzeit zu arbeiten. Und das, obwohl Oberösterreich schon jetzt zu den Bundesländern mit der höchsten Teilzeitquote bei Frauen zählt.

Dazu kommen schon früher beschlossene Einschnitte beim Bildungskonto, bei der Wohnbeihilfe für Alleinerziehende sowie die Deckelung der Mindestsicherung für Familien mit mehreren Kindern. Besonders absurd ist auch, dass jene, die bereit sind, in der Pflege zu arbeiten, nun auch noch dafür zahlen müssen. Die Ausbildung zum/zur Krankenpfleger/-in wird zukünftig an den Fachhochschulen stattfinden. Es fällt nun nicht nur das bisherige Taschengeld während der Ausbildung weg, es kommen auch noch Studiengebühren dazu.

Angriff auf Kultur und Integration

Auch die großen Einschnitte im Kulturbereich führen bereits zu großem Unmut. Auch hier sind viele junge Menschen engagiert, wenn es um leistbare Kultur und Freiraum für künstlerisches Schaffen. Dies prägt auch eine Gesellschaft für die Zukunft.

Im Integrationsbereich kommt es durch die Einschnitte zu massiven Reduktionen. Anerkannte Flüchtlinge brauchen vielfach Unterstützung bei der Wohnungssuche, beim Spracherwerb, bei der Arbeitsmarktintegration. Diese Unterstützung ist umso drängender, da parallel dazu die Mindestsicherung gekürzt wurde. Für Menschen, die in Österreich Asyl erhalten, wird es somit überlebenswichtig, rasch einen Arbeitsplatz zu finden. Einerseits Gelder zu entziehen mit dem Argument, man solle sich schneller integrieren und arbeiten gehen und gleichzeitig die Möglichkeiten dazu einzuschränken, ist blanker Zynismus.

Wo bleibt der Beitrag der Wirtschaft?

Es wird jedoch nicht nur gekürzt. Schwarz-Blau in Oberösterreich hat angekündigt, in leistungsfähigeres Internet und in die Forschung zu investieren. Allerdings bleibt unklar, wie hier genau gefördert werden soll. Vor allem fehlt ein Beitrag der Unternehmen, die massiv davon profitieren werden. Die Förderungen im Agrarbereich tauchen im Programm erst gar nicht auf.

Das Programm der schwarz-blauen Landesregierung in Oberösterreich gibt einen Vorgeschmack auf das, was uns in ganz Österreich droht. Alles wird dem Dogma des Schuldenabbaus und der Kürzungspolitik untergeordnet. Draufzahlen werden alle jene, die es schon jetzt schwerer haben in unserer Gesellschaft. Es wird kälter in Oberösterreich – und das liegt nicht am herannahenden Winter.

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