Linke Corona-Demo: Ein Balanceakt

Ein breites linkes Bündnis ruft am Freitagabend zur Corona-Demo auf. Es geht gegen die Pandemiepolitik der Bundesregierung. Die Organisator:innen wollen einen echten Shutdown, aber keine Ausgangssperren.

Es ist sowas wie ein Fixpunkt für linke Proteste: Vor der Lichtenfelsgasse 7, der ÖVP-Parteizentrale, startet am Freitagabend eine Demonstration gegen die Coronapolitik der Bundesregierung. Sie richtet sich an „alle Menschen, die Angst haben müssen, sich bei der Arbeit anzustecken, die nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen, während die Krisenprofiteure munter Gewinne machen“, wie es im Aufruf heißt.

Etwas Neues

Und doch ist die Demo ein bisschen mehr, ein bisschen anders als gewohnt. Das beginnt bei den Veranstalter:innen. Aufgerufen habe eine große Zahl durchaus verschiedener linker Organisationen. Dazu zählen die Autonome Antifa, genauso wie die Umweltaktivist:innen von System Change not Climate Change, die Partei LINKS und die kommunistische Gewerkschaftsfraktion KOMintern und eine Gruppe von „ZeroCovid“-Befürworter:innen.

„Ja, das ist etwas neues“, sagt Em Gruber. Gruber wird auf der Demo eine Rede halten und ist behindertenpolitisch aktiv. Am Samstag wird Gruber auch auf der „ZeroCovid“-Onlinedemo sprechen. „Corona kam zwar bei den anderen großen Demos auch immer vor, aber es war nie der Fokus. Es gab wichtige Gegenprotesten gegen Nazis, Verschwörungstheoretiker*innen, Abschiebungen, Femizide und neue Gesetze, da blieb nicht viel Energie dafür.“ Und auch obwohl die KJÖ immer wieder gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße ging, die Demonstrationen der Coronaleugner*innen von Blockaden und Gegenprotest begleitet wurden, gemeinsame Mobilisierung gab es bisher nicht.

Corona-Demo als Balanceakt

Etwas überraschend ist auch die inhaltliche Ausrichtung. Denn über die Inhalte linker Coronapolitik schieden sich zuletzt die Geister. Vor knapp drei Monaten löste die Kampagne „ZeroCovid“ zunächst ein breites Medienecho und wenig später theoretische Debatten aus. Während die Vertreter:innen von „ZeroCovid“ für – solidarisch erstrittene und kurzzeitige – „Einschränkungen und Entbehrungen“ argumentierten, warfen Gegner:innen ihnen vor, die dafür mangelnde Zustimmung außer Acht zu lassen . Die Debatte führte nicht nur zu einem Beitrag auf dem Mosaik-Blog, sondern füllte dutzende Kommentarspalten in Printmedien und Onlinemagazinen.

Die heutige Demo versucht sich im Balanceakt. Zwar sprechen sich die Organisator:innen für einen „echten Shutdown“ aus, der also auch die Wirtschaft und Arbeitsplätze in die Verantwortung nimmt. Gleichzeitig heißt es im Aufruf auch: „Das letzte was wir brauchen sind 24-Stunden-Ausgangssperren.“ Für Em Gruber ist das kein Widerspruch. „Die Ausgangssperren sind nur dazu da, racial profiling im Park zu betreiben und Wohnungslose zu schikanieren“, sagt Gruber. „Die Menschen sollen sich ohne Angst frei draußen bewegen können. Solang sie das im kleinen Rahmen tun, ist das okay und wichtig für die psychische Gesundheit.“ Ohnehin, sagt Gruber wäre das keine außergewöhnliche Position. Sie würde sehr wohl diskutiert werden, die Mehrheitsgesellschaft und die Regierung würden das aber ignorieren.

Präventive Blockade

Für den morgigen Samstag sind dann wieder zahlreiche Kundgebungen von Coronaleugner*innen und Rechtsextremen angekündigt. Die Plattform Radikale Linke hat gemeinsam mit der Autonomen Antifa wieder zu Blockaden aufgerufen. Geht es nach Em Gruber, wird die Demo am Freitagabend auch präventiven Charakter haben. „Ich hoffe, dass unsere Position bei der Politik und einigen Menschen ankommt“, sagt Gruber. „Hoffentlich auch bei einigen, deren persönliche Hilflosigkeit sie in die Fänge der Corona-Verschwörungen treibt.“

Die Demo „Solidarischer Shutdown statt Ausgangssperre!“ beginnt heute, Freitag, um 18:30 Uhr vor der ÖVP-Zentrale, Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien.

Autor

 
Nach oben scrollen