Was wir gegen Sexismus in der Werbung tun könnten

Sexistische Werbung wird in Österreich derzeit durch Selbstregulierung überwacht. Doch es gäbe auch andere Wege, um dagegen vorzugehen. Vanessa Horacek und Ute Schreiner haben sich die Möglichkeiten angesehen.

 Nackte Haut und aufreizende Posen begegnen uns alltäglich in der Werbung. Die einen sehen sie als harmlose Ausübung der unternehmerischen Freiheit, andere als sexistische Herabwürdigung.

Werbung, die nackte Körper zeigt, ist nicht per se problematisch – Nacktheit alleine ist nicht sexistisch. Es kommt auf die Art und Weise der spezifischen Darstellung an. Körper oder Körperteile, die ohne Zusammenhang zum Werbeinhalt sexuell posieren, sind häufig sexistisch. Solche Werbeinhalte wirken sich negativ auf die psychische und physische Gesundheit insbesondere von jungen Frauen aus. Denn durch die Festschreibung von Stereotypen werden unrealistische Schönheitsideale als Maßstab an sie herangetragen. Doch wie wird bestimmt, welche Inhalte zulässig sind und welche nicht?

Status quo: Kontrolle durch Selbstregulierung

Werbung wird in Österreich allgemein auf zwei Ebenen überwacht: einerseits vom Gesetzgeber, andererseits durch Elemente der Selbstregulierung.

Die Selbstregulierung geschieht etwa durch den Werberat. Um sexistischer Werbung entgegenzuwirken, hat der Werberat ein Beschwerdesystem eingerichtet, das sexistische Inhalte anhand eines Ethikkodex kontrolliert und dabei von einem Anti-Sexismus-Beirat unterstützt wird. Daneben gehen auch sogenannte Watch-Groups gegen sexistische Werbung vor. Eine weitere Selbstregulierungseinrichtung im Medienbereich stellt der österreichische Presserat dar.

Die Schwächen dieses Systems liegen jedoch in der mangelhaften Durchsetzung: So ist der Ehrenkodex des österreichischen Presserates nur für den Teil der österreichischen Printmedien verbindlich, der sich dieser Selbstregulierung freiwillig unterwirft. Dazu gehören zum Beispiel Der Standard, Die Presse und die Salzburger Nachrichten, nicht jedoch die Kronen Zeitung und Heute. Eine Verurteilung ist zwar mit einer öffentlichkeitswirksamen Bloßstellung verbunden, sie hat aber sonst keine Konsequenzen für diese Zeitungen.

Ungenützte gesetzliche Möglichkeiten

Doch es gibt auch gesetzliche Möglichkeiten der Kontrolle. Ausgangspunkt ist der Ehrenkodex des Presserates. Dieser hält fest, dass „jede Diskriminierung wegen des Alters, einer Behinderung, des Geschlechts sowie aus ethnischen, nationalen, religiösen, sexuellen, weltanschaulichen oder sonstigen Gründen“ unzulässig ist.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat 2014 entschieden, dass einzelne Bestimmungen des Ehrenkodex auch rechtlich verbindlich sind, und zwar für das Recht gegen einen unlauteren Wettbewerb (UWG). Damals ging es um die unerlaubte Veröffentlichung eines Fotos auf der Titelseite der Kronen Zeitung. Doch diese Rechtsprechung ließe sich gleichermaßen auf geschlechterdiskriminierende Werbung umlegen. Dann könnte sexistische Werbung auch gesetzlich verfolgt werden.

Effektive und schnelle Kontrolle

Wie könnte das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) also gegen sexistische Werbung eingesetzt werden? Das UWG schützt einerseits Unternehmen gegen MitbewerberInnen, die sich mit unlauteren Mitteln einen Vorteil verschaffen. Andererseits schützt es auch VerbraucherInnen. Beide Seiten können hier relevant sein.

So kann argumentiert werden, dass die wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit von VerbraucherInnen beeinträchtigt wird, wenn ihnen suggeriert wird, dass sie aufgrund ihres Geschlechts bestimmte Produkte oder Dienstleistungen konsumieren müssen. Gleichermaßen sollen jene Unternehmen, die bewusst auf sexistische und dadurch aufmerksamkeitserregende Werbung verzichten, keinen Nachteil gegenüber denen erfahren, die sich für sexistische Werbung entscheiden.

Das UWG bietet dabei ein effektives und auch schnelles Kontrollsystem. Sowohl Verbraucherverbände als auch Unternehmen können eigenständig gegen ihre sexistisch und daher diskriminierend werbenden Konkurrenten vorgehen, womit eine Dynamik zur Selbstregulierung ausgelöst werden könnte. Überdies lassen sich Unterlassungsklagen nach dem UWG mit einer einstweiligen Verfügung verbinden, wodurch sie schon in zeitlicher Hinsicht sehr effektiv sind. Sexistische Werbung muss dann sehr rasch aus dem öffentlichen Raum entfernt werden.

Sexistische Werbung verbieten?

Darüber hinaus drängt sich schließlich auch die Frage nach einem eigenen Werbeverbot auf. Ein solches fordert aktuell das Frauenvolksbegehren. Zu beachten ist, dass Werbeverbote einen Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechte darstellen. Das betrifft vor allem die Meinungsäußerungs- und Erwerbsausübungsfreiheit. Ein solcher Eingriff kann allerdings für die Zwecke des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein.

Da sexistische Inhalte erwiesenermaßen zur Gefährdung sowohl der psychischen, als auch der physischen Gesundheit geeignet sind, ist die Zulässigkeit eines solchen Werbeverbotes denkbar. Dass ein Werbeverbot in der Praxis nicht ganz abwegig ist, zeigen Vorbilder in Berlin-Kreuzberg und in London, wo sexistische Werbung im öffentlichen Raum reguliert wird.

 

Vanessa Horacek ist Universitätsassistentin am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien.

Ute Schreiner ist Universitätsassistentin am Institut für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung der Universität Wien.

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