Netzaktivistin Laub zu Hass im Netz: “Irgendwann hat es mir gereicht”

Netzaktivistin Iwona Laub hat sich auf Twitter mit dem Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier angelegt, dann bekam sie es mit dem rechten Mob zu tun. Nachdem die Hassnachrichten kein Ende nahmen, hat sie ihren Account gelöscht. Im Interview spricht Laub über rechtliche Konsequenzen, Sexismus im Internet und die SPÖ, die sie enttäuscht hat.

Danke, dass du dir Zeit für ein Interview genommen hast. Was ist in den letzten Tagen passiert?

Iwona Laub: Begonnen hat es damit, dass ich durch eine andere Twitter-Userin darauf aufmerksam gemacht worden bin, dass Bernhard Heinzlmaier bei einer Gedenkveranstaltung in der Gedenkstätte Mauthausen eingeladen worden ist. Er sollte dort am Podium sprechen. Sie hat das als Rechtsextremismus-Forscherin und Historikerin aufgrund seiner Tweet-Historie kritisiert.

Heinzlmaier hat erst letzte Woche die Omas gegen Rechts als „hysterische paranoide alte Weiber“ bezeichnet und beschimpft regelmäßig Frauen im Internet. Ich habe ganz sachlich geschrieben, dass ich nicht verstehe, wieso er dort eingeladen ist. Daraufhin hat Heinzlmaier einen Screenshot von meinem Tweet gepostet und hämisch gefragt „wer ich eigentlich sei“, so nach dem Motto, „was erlaubt sich die eigentlich?“. Und, dass er mich klagen wird. Daraufhin ist aufgrund dessen, dass ihm hauptsächlich Rechte folgen, ein regelrechter Shitstorm gegen mich und die andere Twitter-Userin entbrannt, mit wüsten Beschimpfungen, Lügen und Gerüchten über mich.

Dann haben sich Raphael Sternfeld, der Kommunikationsleiter der SPÖ Wien und Thomas Drozda, der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, eingeschaltet und Heinzlmaier in Schutz genommen. Heinzlmaier hat schon sehr lange mit der SPÖ zu tun und kommt aus sozialdemokratischen Kreisen. Sein Rechtsruck der letzten Jahre hindert die SPÖ nicht daran, ihn weiterhin als Berater in Anspruch zu nehmen. Daraufhin habe ich – weil ich schon 48 Stunden lang Hass-E-Mails und sehr unschöne Nachrichten bekommen habe – meinen Twitter-Account gelöscht. Ich wollte mich diesem Wahn nicht mehr aussetzen, vor allem nachdem dann auch ein Blatt der Identitären über mich geschrieben hat. Da hat es mir gereicht.

Hast du rechtliche Schritte unternommen?

Rechtliche Schritte in dem Sinn nicht, ich habe mich aber mit dem Verein ZARA in Verbindung gesetzt. Das Problem ist, dass viele dieser Meldungen und Angriffe auf mich sehr knapp am Strafrecht vorbeischrammen. Das heißt, ich könnte zwar Anzeigen machen, aber die Erfolgsaussichten sind sehr klein. De facto gibt es keinen wirklichen Schutz gegen Hass im Netz. Wenn man öffentlich auftritt, muss man damit rechnen, dass man solchen Angriffen ausgesetzt ist und man nichts dagegen tun kann.

Was würdest du jungen Frauen raten, die ihrer Stimme im Internet Gehör verschaffen wollen?

Ich bin da sehr zwiegespalten. Ich persönlich bin eine Rampensau, mir ist vieles wurscht und ich halte viel aus. Deswegen bin ich auch sehr öffentlich, man findet über mich und meine Vergangenheit sehr viel im Internet. Je öffentlicher man ist, desto angreifbarer macht man sich aber für solche Leute. Das geht so weit, dass man Angst hat, vor der Haustür abgepasst zu werden. Insofern kann ich nicht jeder Frau empfehlen, ihre Meinung im Internet so kundzutun.

Wenn man Angst vor so etwas hat, sollte man sich überlegen, anonym zu bleiben, also beispielsweise mit Pseudonym auf Twitter zu sein, ohne darauf hinzuweisen, wer man ist und wo man arbeitet. Das Problem daran ist wiederum, dass man im öffentlichen Diskurs dann weniger ernst genommen wird. Da heißt es dann: „Du bist ein anonymer Troll“ und „Wer bist du eigentlich?“ oder „Wieso nimmst du dir heraus, mit mir zu reden?“

Auf den Diskurs zu verzichten und sich zurück zu ziehen, wie ich das jetzt gemacht habe, ist in Wirklichkeit aber nicht der richtige Weg, weil man den anderen, den Rechten, dem Mob, zeigt, dass sie gewonnen haben. Aber man muss auch verstehen, dass hinter jedem Account ein Mensch ist und wenn es jemandem zu viel wird, dann sollte er sich auch zurück ziehen können.

Was wären politische Möglichkeiten, die Situation zu verbessern?

Ich glaube nicht, dass die Vorschläge, die im Moment von Seiten der Politik vorliegen, ausreichen. Ich glaube, es braucht eine Sonderstaatsanwaltschaft, oder eine Kommission, die sich genau mit solchen Fällen auseinander setzt. Es muss gar nicht nur ums Strafrecht gehen, sondern man könnte diesen Leuten, sowas wie eine Nachschulung vorschreiben, so wie wenn man den Führerschein verliert. So etwas wie verpflichtende Hass-im-Netz-Kurse, um das Bewusstsein dafür zu stärken, dass hinter jedem Account ein realer Mensch steckt.

Ich hoffe, du kommst wieder auf Twitter zurück. Wie wahrscheinlich ist das?

Aus momentaner Sicht ist das eher unwahrscheinlich, weil ich weiß, dass, wenn ich auf Twitter zurück komme, alles wieder von vorne losgehen wird. Diese Thematik wird vielleicht in ein paar Tagen vergessen sein, aber sobald ich mich wieder anmelde, wird sich dieser Mob wieder auf mich stürzen, darauf habe ich keinen Bock.

Am schlimmsten ist für mich aber, wie die SPÖ in die Sache involviert ist. Das ist für mich auf einer persönlichen und politischen Ebene extrem enttäuschend. Ich finde es traurig, dass gerade Frauen, die ohnehin schon exponierter sind, keinen Rückhalt aus der Politik bekommen. Von einer Partei, wo eine Frau Spitzenkandidatin ist, hätte ich mir das doch erwartet. Pamela Rendi-Wagner wird auch regelmäßig auf Twitter angegriffen und die SPÖ kritisiert das auch zu recht. Da schreibt dann auch keiner „der ist in Wirklichkeit ein ganz lieber“.

Interview: Angelika Adensamer

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