Was auf der Wiener Widerstandskonferenz diskutiert wird

Heute und morgen findet in Wien eine Konferenz zu den Perspektiven des Widerstands gegen die schwarz-blaue Bundesregierung statt. Wir haben mit zwei Organisatorinnen über internationale Perspektiven, Rassismus und dogmatische Linke gesprochen.

Am 1. und 2. März findet im Wiener Albert-Schweitzer-Haus die „Widerstandskonferenz für eine starke Zivilgesellschaft“ statt. Veranstaltet wird sie von der „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ in Kooperation mit der „Grünen Bildungswerkstatt Wien“. Den Auftakt macht am Freitagabend eine Podiumsdiskussion zu internationalen Perspektiven, am Samstag stehen Workshops auf dem Programm.

Faika El-Nagashi und Judith Ranftler sind im Organisationsteam der Tagung. Am Tag davor sitzen beide im Wiener Rathaus und klären die letzten Details. Anmeldungen gibt es aber schon genug, 200 sind es bereits. „Wenn noch mehr kommen wollen, stellen wir aber gerne ein paar Sesseln mehr auf“, sagt El-Nagashi und lacht.

Mosaik: Als Plattform habt ihr in erster Linie Kundgebungen und Demonstrationen organisiert. Warum jetzt eine Konferenz?

Faika El-Nagashi: Das stimmt, aber wir haben schon letztes Jahr damit begonnen, auch andere Veranstaltungen zu machen. Im Oktober 2018 hatten wir ein Gespräch mit dem Autoren Ilija Trojanow, im Jänner ein Screening von „Waldheims Walzer“ von Ruth Beckermann. So etwas braucht es auch, weil wir Leuten, die diese Diskussionen und Debatten nicht kennen, eine Möglichkeit bieten wollen, einzusteigen. Es braucht Demos auf der Straße und Orte abseits davon.

In eurem Ankündigungstext schreibt ihr, dass ihr antirassistische Kämpfe mit jenen gegen Sozialabbau zusammenbringen wollt. Warum ist das so schwierig?

Judith Ranftler: Es sind oft unterschiedliche Akteur*innen, die diese Kämpfe führen und die in ihrem Ding total drin sind. An denen geht ja der Rassismus, der jeden Tag propagiert wird, auch nicht spurlos vorbei. Das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen. Dann findet man zueinander und kann miteinander kämpfen. Zumindest in der Plattform habe ich den Eindruck, dass das besser wird.

Faika El-Nagashi: Der Rassismus ist überall. Für die Bundesregierung ist er das oberste Mittel, um die Gesellschaft zu spalten. Da muss man sich nur die Debatten zur Kürzung zur Mindestsicherung und zum Kopftuchverbot anschauen. Und leider gibt es auch Linke, die in diesen Diskurs reinkippen und Rassismus reproduzieren. Wir kämpfen mit der Plattform auch dagegen. Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir den Antirassismus ernst nehmen.

Der 1. März ist, von den USA ausgehend, auch zum Tag des transnationalen Migrant*innenstreik geworden. Ist es ein Zufall, dass ihr euch dieses Datum ausgesucht habt?

Faika El-Nagashi: Nein. Allein im Wort Migrant*innenstreik kommen die zwei Stränge dieser Kämpfe, über die wir gerade geredet haben, zusammen. Zwischen 2011 und 2013 gab es auch in Österreich verstärkt Aktivitäten rund um diesen Tag. Danach ist es leider eingeschlafen, heute spricht fast kaum jemand noch davon. Wir wollen das wieder stärker ins Gedächtnis rufen. Deswegen sind wir auch sehr froh, jemanden von maiz auf der Tagung zu haben. Die waren damals zentral, den Migrant*innenstreik nach Österreich zu bringen.

Das Programm der Tagung ist sehr breit. Ihr habt Referent*innen aus verschiedenen Ländern, thematisch kommen sie aus verschiedenen Bereichen. Ist das bewusst?

Judith Ranftler: Es braucht den Blick ins Ausland. Dass zum Beispiel jemand aus Ungarn kommt, war für uns sehr wichtig, weil Österreich sich zunehmend in diese Richtung entwickelt. Mit Nora Berneis von #unteilbar in Deutschland kommt auch jemand von einer Initiative, die gezeigt hat, wie groß antirassistische Mobilisierungen sein können. Auf Österreich bezogen wollten wir die gesamte Breite der Debatte abbilden. Es geht eben nicht nur um Kämpfe im Sozialbereich, sondern beispielsweise auch um Klimagerechtigkeit. Damit zeigen wir auch, dass es um etwas Systematisches geht und nicht nur um einzelne Verbesserungen.

Die Tagung soll ein „Ort der Vernetzung“ sein. Ist das nicht eine Gefahr? Immerhin gibt es, wenn sich zwei Linke treffen, mindestens drei verschiedene Meinungen?

Faika El-Nagashi: Uns ist dieses Problem bewusst. Klar gibt es dogmatische Linke, die jedes System und jede Struktur kritisieren, die inhaltlich nicht zu 100 Prozent auf Linie ist. Aber es gibt auch sehr viele, die wissen worum es geht und dass wir nur gemeinsam stark sind. Die Gegner*innen sitzen in der Bundesregierung und nicht auf der eigenen Seite. Das müssen wir uns klar machen. Die Arbeit in der Plattform zeigt, wie erfolgreich linke Bündnisarbeit sein kann. Da sind ganz unterschiedliche Organisationen vereint. Letztlich hat die Kooperation mit der Grünen Bildungswerkstatt Wien ermöglicht, dass die Tagung im Albert-Schweitzer-Haus stattfindet und wir den Referent*innen Honorare zahlen können. Wir hätten die Tagung wahrscheinlich auch mit einem niedrigerem Budget hinbekommen, aber ich finde das toll.

Die Bundesregierung bestimmt den Diskurs, fast täglich kommt ein neuer Vorstoß. Was kann eine Konferenz dagegen anrichten?

Judith Ranftler: Die Motivation ist ein zentrales Motiv. Die Leute müssen sehen, dass sie nicht alleine sind. Es gibt viele Menschen, die mit der Regierung ein Problem haben. Sie müssen sich aber kennenlernen. Deswegen ist uns der Austausch so wichtig. Dass wir so viele Anmeldungen bekommen, gibt uns recht. Die Leute wollen etwas tun und sich vernetzen.

Wäre dann nicht eine regelmäßige Vernetzung das Gebot der Stunde?

Judith Ranftler: Ja, es geht nach der Konferenz auch direkt weiter. Am 16. März steht unsere Großdemo gegen Rassismus an, tags darauf zeigen wir im Admiral-Kino „Ciao Chérie“. Der Film ist eine Alternative für alle Leute, die sich auf einer Demonstration nicht so wohlfühlen. Ob es eine zweite Tagung geben wird, wird sich zeigen. Wir werden das diskutieren.

Faika El-Nagashi: Ich hätte nichts dagegen, wenn es in Zukunft jedes Jahr rund um den 1. März so eine Konferenz geben würde.

Interview: Moritz Ablinger

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