Fünf Gründe warum Kickls Überwachungspläne zum Fürchten sind

Die schwarz-blaue Regierung will ein neues Überwachungspaket durchpeitschen. Eine öffentliche Debatte dazu will sie aber nicht, denn die Maßnahmen sind wohl für viele Menschen schockierend. mosaik-Redakteur Rainer Hackauf hat sie für euch zusammengefasst.

Viele Maßnahmen sollen schon im Juni in Kraft treten, rechtzeitig bevor Österreich die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Diese wird von einem exzessiven Sicherheitsaufgebot begleitet – so soll die Massenüberwachung durch Schwarzblau legitimiert werden.

Bürgerrechtsorganisationen warnen vor der drohenden Massenüberwachung, die NGO epicenter.works meint zu dem geplanten Paket: „Noch nie wurden in Österreich so viele Einschränkungen unser Freiheit auf einmal auf den Weg gebracht“. Wir haben für euch fünf Gründe zusammengestellt, warum Widerstand gegen die Überwachungspläne von Innenminister Kickl jetzt notwendiger denn je ist.

1. Kickl will nicht, dass ihr sicher via Messenger, Chat oder E-Mail kommunizieren könnt

Auf Grund diverser Skandale und technische Pannen haben viele Messenger-Dienste begonnen, die Kommunikation ihrer UserInnen besser zu schützen. Beliebte Dienste wie Skype, WhatsApp oder Signal verschlüsseln seither die verschickten Nachrichten. Das ist vielen autoritären Regimen ein Dorn im Auge, weshalb diese Dienste dort auch verboten sind.

Es ist kein Zufall, dass nun auch die österreichische Regierung die Messenger-Dienste ins Visier nimmt. Die Überwachung von verschlüsselten Nachrichten soll durch eine heimlich installierte Überwachungssoftware – oft Trojaner genannt – im Verdachtsfall erlaubt werden. Die Software kann dabei nicht nur die Kommunikation überwachen, sondern auch auf alle auf einem Gerät gespeicherten Daten (wie Fotos, Kontakte oder Kalendereinträge) zugreifen. Um solche Trojaner einzusetzen, muss der Staat zudem fragwürdigen Organisationen und Einzelpersonen viel Geld für das Ausspionieren von Sicherheitslücken in technischen Geräten bezahlen. Geld, dass besser eingesetzt wäre, um die eigene Bevölkerung vor solchen Sicherheitslücken zu schützen.

2. Kickl bekommt einen Freibrief für Massenüberwachung auf Österreichs Straßen

Die Abschnittskontrolle, auch als „Section-Control“ bekannt, wurde 2003 in Österreich eingeführt. Das System ist dazu da, im Gebiet eines Straßenabschnittes die Durchschnittsgeschwindigkeit von Fahrzeugen zu messen, die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit etwa wetterbedingt anzupassen oder auch Strafen auszustellen.

Mit dem neuen Überwachungspaket sollen die hier gesammelten Daten zur Identifizierung des Fahrzeuges und auch der individuellen FahrzeuglenkerInnen auch für andere Ermittlungen genutzt werden. Einer Massenüberwachung auf Österreichs Straßen durch Innenminister Kickl Tür und Tor geöffnet ist.

3. Kickl bekommt Zugriff auf Überwachungsdaten wichtiger Unternehmen

Unternehmen mit „öffentlichem Versorgungsauftrag“ müssen in Zukunft der Polizei ihre Videoaufzeichnungen zur Verfügung stellen. Dazu gehören etwa Krankenhäuser, Verkehrsbetriebe, Postdienste, Bahn- und Straßenbetreiber. Für die Aufnahmen soll eine vierwöchige Speicherpflicht gelten, so es eine entsprechende „Risikoanalyse“ gibt.

Das bedeutet, dass Innenminister Kickl in Zukunft öffentliche Plätze – Post-Filialen, Bahnhöfe, Flughäfen oder Autobahnen – überwachen und Bewegungsprofile zu privaten Personen erstellen kann. Denn eine entsprechende „Risikoanalyse“ wird nicht schwer zu bekommen sein, zumal diese in der Praxis durch unabhängige Stellen nicht überprüfbar ist.

4. Kickl will polizeiliche Aufgaben privatisieren

Private Security-Dienste boomen seit Jahren. KritikerInnen betonen, dass es für Sicherheitsfirmen keine klaren gesetzlichen Regelungen gibt und polizeiliche Aufgaben in eine Niedriglohnbranche ausgelagert werden. Innenminister Kickl plant nun weitere Schritte in diese Richtung.

So sollen im Rahmen von „Sicherheitsforen“ polizeiliche Aufgaben an Private übertragen werden. „Sicherheitsforen“ sind lokale Plattformen, in denen ausgewählte BürgerInnen mit der Polizei zusammenarbeiten. Im Einzelfall soll es der Polizei sogar erlaubt sein, personenbezogene Daten an die teilnehmenden BürgerInnen weiterzugeben. Nachdem die FPÖ schon seit langem ein Faible für Bürgerwehren hat, liegt die Befürchtung nahe, dass die „Bürgerbeteiligung“ unter Kickl zu halb-privaten Überwachungstruppen entwickelt werden soll.

5. Kickls und Kunaseks Geheimdienste sind außer Kontrolle

Die aktuellen Vorgänge im Innenministerium zeigen, wie wenig polizeiliche Ermittlungsbehörden unter demokratischer Kontrolle stehen. Dass alle österreichischen Geheimdienste FPÖ-Ministern mit Kontakten zu rechtsextremen Kreisen unterstellt sind, ist dadurch besonders besorgniserregend.

Doch das sind keine ganz neuen Entwicklungen. Zwei Ereignisse der jüngeren Vergangenheit verdeutlichen das. Zum einen die Ermittlungen um einen rechtsextremen Anschlag auf eine Moschee in Graz 2016. Es stellte sich heraus, dass auch ein mutmaßlicher Informant des Heeres-Abwehramts an dem Anschlag beteiligt war. Die Anklage gegen einen in den Fall verwickelten Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurden im Februar dieses Jahres eingestellt. Im anhängigen Gerichtsverfahren muss erst noch geklärt werden, inwieweit die Geheimdienste in die Planung des Anschlags involviert waren.

Ein anderes Beispiel ist der sogenannte „Tierschützerprozess“. Vor über zehn Jahren ermittelten Behörden auf Wunsch eines Modekonzerns gegen TierrechtlerInnen. Im Prozess wurden die exzessiven Ermittlungsmethoden gegen die AktivistInnen publik, die wegen „Bildung einer kriminellen Organisation“ angeklagt waren.

Diese reichten vom Einsatz von Spitzeln bis zum Lauschangriff in privaten Wohnungen. Die AktivistInnen wurden nach monatelangen Gefängnisaufenthalten und mehrjährigen Verfahren schließlich freigesprochen. Konsequenzen für die ermittelnden Behörden für die unverhältnismäßige Überwachung gab es jedoch keine.

Diese Beispiele zeigen, dass es weniger an Ermittlungsmethoden fehlt, als an demokratischer Kontrolle und Legitimation. Um so beängstigender, wenn die selben Behörden nun noch weitere Überwachungsmöglichkeiten bekommen. Und das unter blauen Ministern.

Was tun gegen die Überwachung durch Kickl & Co?

Ein paar einfach Tipps, wie man sich gegen Kickls Überwachungspläne schützen kann, haben wir hier für euch zusammengestellt. Ergänzende Hinweise, wie ihr euer Smartphone sicherer macht, findet ihr hier.

Abgesehen von diesem individuellen Schutz ist es aber jetzt besonders notwendig, das Überwachungspaket gemeinsam zu verhindern. Bürgerrechtsorganisationen wie epicenter.works  informieren darüber, wie das geht.

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