Gegen Rechts sein und am Red Bull-Festival spielen? „Das geht sich nicht aus!“

In einem offenen Brief mit dem Titel „Liebe Musikszene. Eine Moralpredigt“ hat DJ ReSista heimische Acts kritisiert, die diese Woche am Red Bull Music Festival im Prater auftraten. Grund genug für mosaik bei ReSista nachzufragen.

mosaik: Kannst du uns deine Kritik am Red Bull Music Festival kurz schildern?

DJ ReSista: Es gab in den letzten zwei Jahren immer wieder politische Ausfälle, man kann fast schon sagen „Einzelfälle“, von Seiten Red Bulls. Seien es Interviews vom Gründer Dietrich Mateschitz, die Einladungspolitik und politische Ausrichtung des Red Bull-eigenen TV-Senders Servus TV und natürlich auch die regelmäßigen Ausfälle von Red Bull-Aushängeschild Felix Baumgartner. Nachdem es regelmäßige Shitstorms dazu geben hat, hätte man all das wohl mitbekommen können.

Als ich dann vor zwei, drei Monaten auf das Lineup am Red Bull Music Festival gestoßen bin, war ich einfach erstaunt, wie viele Artists da mitmachen, die sich in den letzten Jahren bei Events eigentlich immer klar gegen Rechts, also gegen Rechtsextremismus oder gegen die FPÖ, gerichtet haben. Ich fand, es ist Zeit zu thematisieren, dass das nicht zusammengeht.

Der Brief hat in sozialen Medien für viel Aufsehen gesorgt. Was waren die Reaktionen darauf?

Mein Brief hat tatsächlich weite Kreise gezogen, damit hatte ich gar nicht gerechnet. Die Reaktionen im Positiven waren in der Art „Endlich thematisiert das wer! Endlich spricht das wer aus!“. Im Negativen war es eine Art Abwehrhaltung und Ablenkung von der eigentlichen Kritik. Im Sinne von: „Red Bull haben so tolle MitarbeiterInnen! Ich hab‘ noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Und nicht alle die bei Red Bull arbeiten sind Nazis.“

Dann gab es noch eine zweite Form der Abwehr: „Alle Konzerne sind schlecht, egal ob es Coca Cola, Eristoff oder sonst einer ist.“ Beides geht aber am Thema vorbei. Bei meiner Kritik ging es ganz konkret um Red Bull Österreich und darum, wie Mateschitz durch seine Medien gesellschaftspolitisch mitmischt und einen Anteil am gesellschaftlichen Klima in diesem Land hat. Ich bin mir nicht sicher, ob alle KommentatorInnen den Brief genau gelesen haben, zumindest ist das Ablenken von dem, was ich ganz konkret benenne, sonst nicht erklärbar.

Eine weitere Reaktion war dann die mediale Berichterstattung. Mittlerweile wurde mein Brief auch in Standard und Presse aufgegriffen, der bayerische Zündfunk hat ein Interview mit mir gemacht.

Hast du von Acts gehört, die einen Auftritt bei diesem Festival bewusst abgelehnt haben?

Ich habe nur gerüchteweise davon gehört.

Die allermeisten MusikerInnen konnten niemals von der eigenen Musik leben. In den letzten Jahren brechen aber durch Streaming & Co auch für die wenigen, die davon leben konnten, Einnahmen weg. Ist es nicht gut, wenn Red Bull hier als Sponsor einspringt?

Also Red Bull macht das ja nicht, weil sie Musik so leiwand finden, sondern um das Image der Marke aufzupolieren. Ich verstehe natürlich, wenn man wirklich prekär lebt, dann sind Gagen von ein paar hundert oder gar tausend Euro ein Batzen Geld. Es gibt aber genügend Artists, die es sich finanziell durchaus leisten könnten, nein zu Red Bull zu sagen. Grundsätzlich ist ja nichts gegen Sponsoring einzuwenden. Man kann sich aber aussuchen, von wem man Geld nimmt. Im Fall von Red Bull find ich es problematisch. Es gibt auch andere Sponsoren und damit ist es halt eine Entscheidung.

Hast du das Gefühl, dass unter linken oder alternativen MusikerInnen diese Diskussion geführt wird? Was wäre hier wünschenswert?

Viele haben den offenen Brief geteilt und sich an Diskussionen darum beteiligt. Es wäre natürlich schön, wenn von Seiten der Artists mehr Druck ausgeübt wird. Im Sinne von: „Seid‘s mir nicht bös, aber unter den Vorzeichen arbeite ich nicht mit euch zusammen. Ich stehe nicht zur Verfügung, den Namen Red Bull rein zu waschen.“ Schön wäre es, wenn Artists durch öffentliche Stellungnahmen klar kommunizieren, wofür eine Musikszene in dem Bereich auch weitestgehend steht: Weltoffenheit, Antifaschismus, Antirassismus usw. – Antisexismus ist auch hier sicher noch einmal ein anderes Thema.

Interessant wird auch, ob Medienpartner von Red Bull wie FM4 oder Vice Noisey die Kritik aufgreifen und wie sie sich verhalten. Bis dato habe ich noch nichts von dieser Seite gehört.

Unter dem Titel Theorie.Praxis.Techno findet am 23. Juni eine Veranstaltung in der Wiener Arena statt. Du trittst dort auch auf. Was wird dort passieren?

Im Zuge des Festivals wird es Workshops, Vorträge und am Abend eine Party geben. Es ist ganz gezielt ein Rave gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus, vor dem Hintergrund der schwarzblauen Regierung. Gegen die muss man natürlich was tun, mobilisieren. Der Reinerlös ist für Prozesskostenhilfe für Opfer rechter Gewalt vorgesehen.

Ein Bezug ist auch, dass die elektronische Musikszene ja nicht aus dem luftleeren Raum kommt, sondern von Anfang eine politische Bewegung war bzw. politische Bedeutung hatte. Clubkultur ist in den Schwulenclubs in New York entstanden, Techno im schwarzen Underground in Detroit, Stichwort Underground Resistance. Auch in Wien war Techno als Subkultur ja lange offen bis zumindest implizit politisch. Zum Teil ist das ja auch noch so. Die Veranstaltung Theorie.Praxis.Techno in der Arena soll daran anknüpfen, politisieren und das zum Thema machen.

Interview: Rainer Hackauf

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