Die Wiener Flughafen-Autobahn A4 steht. Die Strecke, auf der heute morgen 45 Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden sollten, ist blockiert. Während sich im Hintergrund Aktivist*innen von einer Brücke abseilen, spricht Mosaik-Redakteurin Sarah Yolanda Koss mit Juli vom Aktionsbündnis „Bleiberecht für Alle” über die Beweggründe der Aktion.
Mosaik-Blog: In den letzten Wochen gab es mehrmals Anti-Abschiebe-Blockaden vor dem Wiener Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände. Warum blockiert ihr heute die Flughafen-Autobahn?
Juli: Heute haben wir uns für die Zufahrten des Flughafens entschieden, um einen Schritt weiterzugehen und mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen. Natürlich geht es immer um das Endziel, die Abschiebung zu verhindern. Dem kommen wir heute schon sehr nahe. Momentan kommt niemand zum Flughafen hin oder von dort weg. Aber alles andere reicht uns nicht mehr. Wären wir heute nicht hier, würde wieder niemand mitbekommen, wie Menschen abgeschoben werden.
Hat die Blockade konkrete Auswirkungen auf die geplante Abschiebung?
Wir wissen natürlich nicht, ob die Aktion in diesem Sinne erfolgreich ist. Im Grunde ist das hier mehr ein symbolischer Akt, um Solidarität zu zeigen und dieses Thema stärker zu polarisieren. Damit wieder mehr darüber gesprochen wird, was Menschen da angetan wird.
Es gibt wohl einfachere Blockadeorte als eine Autobahn – wie habt ihr den Verkehr gestoppt?
Vor den Autobahnzufahrten haben wir Autos umgeleitet und die Ampel für uns auf Grün geschaltet. So konnten zwei Gruppen zu je ungefähr 40 Personen relativ ungefährlich die vier- bis siebenspurigen Straßen blockieren.
Die Flughafen-Autobahn wurde durch Personen blockiert, die sich von einer Brücke abgeseilt haben. Das ist eine lebensgefährliche Aktion. Wenn jemand abstürzen sollte, ist das quasi ein Todesurteil. Denn die Brücke ist sehr hoch und die Autos fahren in extrem hohem Tempo darunter hindurch. Deswegen wurde die Flughafen-Autobahn gesperrt und jetzt stehen die Leute im Stau.
Was war die Reaktion von Polizei und Passant*innen?
Ein paar Autofahrer*innen sind gestresst, sie kommen ja gerade nicht an ihr Ziel. Die Polizei war anfangs nur in geringer Zahl vor Ort. So konnten sie uns nicht räumen. Wir sind ungefähr 100 Aktivist*innen. Jetzt hat die Polizei Unterstützung von der Feuerwehr erhalten. Die macht sich jetzt mitschuldig an der Abschiebung nach Afghanistan, weil sie von ihrem Recht der Dienstverweigerung keinen Gebrauch macht, sondern die Polizei bei ihren repressiven Maßnahmen unterstützt.
Neben Aktionen wie der heutigen: Was muss passieren, damit Abschiebungen (nach Afghanistan) langfristig gestoppt werden?
Heute sollen Menschen nach Afghanistan, einen lebensgefährlichen Ort, abgeschoben werden. Aber tatsächlich sind Abschiebungen immer unmenschlich. Wir müssen jetzt endlich anfangen umzudenken. Wir müssen uns eingestehen, dass unsere Gesellschaft bisher auf Ausbeutung beruht und unsere Verantwortung wahrnehmen. Da geht es erstens darum, Fluchtursachen wie verschärfte Klimabedingungen zu bekämpfen. Zweitens müssen wir, Menschen, die hierherkommen, dabei unterstützen, sich eine Existenz aufzubauen.
Wir werden auf keinen Fall mit unseren Aktionen aufhören oder nachgeben. Denn hier geht es um Menschenleben.