“Der Augarten braucht diesen Umbau nicht”

Der Grazer Augarten ist eine zentrale Parkanlage im Stadtteil Jakomini. Er liegt direkt an der Mur und ist einer der beliebtesten Parks der Stadt, ein Park, der auch an ärmere Stadtteile anschließt. Jetzt plant die schwarz-blaue Stadtregierung, ihn wesentlich zu verändern und einen Teil in einen Strand zu verwandeln.

Einen Strand, den kein Mensch braucht, wie Ricarda Martinek meint. Sie ist Sprecherin der Jungen Linken Steiermark, die eine Protestaktion gegen den geplanten Umbau organisierten und sich mit dem Bündnis “Hände weg vom Augarten aktiv” solidarisieren, das im September eine Demo organisierte und 4.000 Unterschriften gegen den geplanten Umbau gesammelt hat. mosaik hat sie interviewt.

Mosaik: Welche Bedeutung hat der Augarten in Graz?

Ricarda Martinek: Er ist einer der letzten Orte in Zentrumsnähe, in dem man nicht konsumieren muss. Es können dort alle Leute hinkommen, ganz egal wie viel sie verdienen, um Zeit zu verbringen. Er ist deswegen ein ganz wichtiger Treffpunkt, vor allem für junge Menschen.

Wie wird sich der Park verändern, wenn sich die Stadtregierung durchsetzen kann?

Sie wollen eine künstliche Bucht anlegen. Das geht aber nicht, ohne dass ein Teil des Parkes abgesenkt wird und damit faktisch verschwindet. Der Augarten wird also kleiner. Dazu kommt, dass die Pläne auch eine “Flaniermeile mit Gastronomie” vorsehen. Damit wird der Stadt weiter Raum ohne Bezahlzwang weggenommen.

Kann man dafür zumindest in der Mur schwimmen?

Das Wasser ist wirklich schmutzig. ForscherInnen von der Grazer Medizinuni raten aus gesundheitlichen Gründen stark davon ab, in der Mur zu baden. Das ist ja das Absurde. Ich kenne wirklich keinen Menschen, der in der Mur schwimmen geht. Das ist eine Farce und typisch für Bürgermeister Nagls Showpolitik.

Um was geht es Bürgermeister Siegfried Nagl dann?

Er will sich ein Denkmal setzen. Das ist auch nichts Neues. Ständig versucht er, Prestigeprojekte aus dem Boden zu stampfen. Die ÖVP diskutiert ja auch ernsthaft, Gondeln entlang der Mur zu bauen. Das ergibt städteplanerisch zwar keinen Sinn, aber der Herr Bürgermeister findet das cool.

Diese Ego-Trips nehmen den Menschen den öffentlichen Raum. Nagl steht seit Jahren für eine Politik des Verbietens und Verbauens.

Letztes Jahr gab es in Graz ja auch Proteste gegen ein geplantes Murkraftwerk. Wie sieht es damit heute aus?

Das ist auf Schiene und in Bau. 2019 soll es eröffnet werden. Die Proteste waren damals sehr groß, die Baustelle ist mittlerweile auch einige Male besetzt worden. Die Idee einer Volksbefragung hat der Gemeinderat aber einfach abgewiesen. Die Stadtregierung hat damals erklärt, sie könnte ja ohnehin nichts am Kraftwerk ändern, weil es von einem Unternehmen im Landeseigentum gebaut wird.

Wurde der Umbau des Augartens im Gemeinderat diskutiert?

Ja, aber Bürgermeister Nagl geht immer autoritärer vor. So hat Nagl als zuständiger Stadtsenats-Referent die ordnungsgemäße Anfrage auf eine Bürger*innenbeteiligung in der ersten und zweiten Bauphase durch die Unterschriften von Gemeinderät*innen und Bezirksrät*innen ohne Begründung abgelehnt. Stattdessen sehen die Pläne ganz explizit vor, dass es in der ersten Bauphase keine Beteiligung der Bevölkerung geben soll.

Wir Grazerinnen und Grazer dürfen also nicht darüber entscheiden, ob der Augarten wirklich eine Bucht und Lokale braucht. Erst in der zweiten Phase, nachdem der Park zum Teil abgesenkt und verkleinert wurde, will die Stadtregierung mit den Leuten reden und die genaue Ausgestaltung verhandeln. Aber dann ist es bereits zu spät. Der Augarten braucht diesen Umbau nicht.

Kann er noch verhindert werden?

Es sieht nicht danach aus. Der Umbau soll Ende Oktober beginnen, die Umweltverträglichkeitsprüfung fiel positiv aus. Jetzt wird er noch auf seine bauschutz- und naturschutzrechtliche Richtigkeit geprüft. Die Oppositionsparteien sind gegen das Projekt. Eventuell können wir zumindest den Baubeginn verschieben. Wir werden nicht aufhören, dagegen zu mobilisieren.

Ricarda Martinek studiert Journalismus und PR an der FH Joanneum. Sie ist Sprecherin der Jungen Linken Steiermark.

Interview: Moritz Ablinger

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