Ein Mittschnitt der digitalen Diskussionsreihe der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung vom 08. April 2020.
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Nicht erst seit der Corona-Krise stehen die Arbeitsrealitäten der Gesundheits- und Pflegeberufe im Fokus: monatelang wurde in Österreich um einen Lohnabschluss und die Arbeitszeitverkürzung gerungen. Nun gibt es erneut Aufmerksamkeit für die Pflege- und Betreuungsberufe, weil die Beschäftigten oftmals selbst von Infektionen betroffen sind oder aber Covid-19 erkrankte und pflegebedürftige Menschen betreuen müssen.
Die aktuelle Krise offenbart mehr denn je strukturelle Probleme dieser Branche nicht nur in Österreich, sondern europaweit: neoliberale Kürzungspolitik, Privatisierungen sozialer Infrastruktur, die Auslagerung der Produktion von Medikamenten und medizinischem Equipment in Billiglohnländer, massiver Arbeitsdruck über fehlendes Personal bis hin zum Auffinden verstorbener älterer Menschen in privaten spanischen Pflegeeinrichtungen.
Die Situation des Pflegesektors spitzt sich insofern zu, als dass soziale Kämpfe kaum positive Auswirkungen mit sich bringen: sei es für diejenigen Menschen, die auf Pflege angewiesen sind oder sei es für das im Niedriglohnsektor arbeitende und prekär beschäftigte Pflegpersonal. Zudem weist dieser Sektor aus intersektionaler Perspektive starke Schieflagen auf: In Österreich wurden gerade 24-Stunden-Betreuer*innen aus Rumänien und Bulgarien nach Niederösterreich eingeflogen, um einen Pflege- und Betreuungsnotstand abzufedern. EU-Bürger*innen aus diesen Ländern wurden letztes Jahr noch von der ehemaligen türkis-blauen Regierung aus ÖVP/FPÖ um ihre Familienbeihilfe finanziell beschnitten. Dieser Fall liegt jetzt dem Europäischen Gerichtshof vor, da dies vermutlich gegen den EU-Gleichheitsgrundsatz verstößt. Auf diese Entwicklungen soll daher in den folgenden Vorträgen eingegangen werden.
Die Themen werden im Folgenden von Hannah Lichtenberger (Volkshilfe Wien) und Stefanie Wöhl (FH des BFI in Wien) im Rahmen der digitalen Diskussionsreihe der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) diskutiert. Die Moderation erfolgt diesmal von Daniela Caterina (Huazhong University of Science and Technology Wuhan).
Als ein offener Zusammenschluss von Sozialwissenschaftler*innen aus dem deutschsprachigen Raum existiert die AkG bereits seit 2004. Ihre gemeinsame Arbeit verfolgt das Ziel, gesellschaftskritische Theorieansätze in einer Zeit zu diskutieren und weiterzuentwickeln, in der eben solche Ansätze an Hochschulen kaum noch Platz finden.
Die digitale Diskussionsreihe unter dem Titel „Gesellschaftsforschung in Zeiten der sozialen Distanzierung: Die Corona-Krise und ihre Folgen“ versteht sich daher als ein Versuch, trotz physischer und sozialer Isolation ein kollektives Nachdenken über den Zustand einer sich rapide wandelnden Welt zu ermöglichen. Die Vorträge finden dabei immer mittwochs von 16 bis 17 Uhr via zoom statt. Die jeweiligen Links zu den einzelnen Veranstaltungen finden sich unten.
Wie auch bei den bereits gesendeten Beiträgen freut sich der Mosaik-Podcast auch diesmal, den Mittschnitt der beiden Vorträge vom 8. April zu veröffentlichen.
Die Anmoderation und der Schnitt für diesen Beitrag kommen von Raphael Deindl.