Das sind die drei größten Kriegsprofiteure

Von Panzern über Finanzgeschäfte bis hin zu Öl und Gas – mosaik-Redakteurinnen Sonja Luksik und Lisa Mittendrein beleuchten das schäbige Geschäft der Kriegsprofiteure.

Vor einem Jahr startete Putin den Angriff gegen die Ukraine und vorerst ist kein Ende des Krieges in Sicht. Hunderttausende Menschen starben oder wurden verwundet, Millionen mussten aus ihrer Heimat fliehen. Doch nicht alle leiden unter dem Elend des Krieges, manche streifen gerade durch ihn fette Gewinne ein.

1. Rüstungsindustrie

Mit dem Beginn des Kriegs im Februar 2022 gingen die Aktienkurse von Rüstungsunternehmen auf der ganzen Welt durch die Decke. Unmittelbarer Anlass war die Aussicht auf einen möglicherweise längeren Krieg und auf steigende Militärausgaben. Denn binnen kurzer Zeit beschloss die Mehrheit der EU-Länder (teils sehr hohe) Zusatzausgaben für Rüstung. 17 Milliarden extra in Polen, 15 Milliarden in den Niederlanden, 11 Milliarden in Belgien, 100 Milliarden in Deutschland. 

Doch die finanziellen Vorteile für Rüstungskonzerne gehen noch weiter. Über 30 Länder liefern Waffen aus ihren eigenen Lagern an die Ukraine. Inzwischen müssen die Lager zunehmend wieder aufgefüllt werden – das bewirkt eine stark erhöhte Nachfrage am globalen Rüstungsmarkt. Deutschland plant beispielsweise den Kauf von Chinook-Hubschraubern und von F35 Kampfflugzeugen, die Atomwaffen transportieren können. Polen kauft Raketenwerfer und Luftverteidigungssysteme. Die meisten dieser neuen Verträge sind mit US-Firmen abgeschlossen, aber auch bei europäischen Rüstungskonzernen klingeln die Kassen. 

Vorne mit dabei: Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, der seit seiner Gründung 1889 fleißig Gewinne mit Kriegen macht. Seit Kriegsbeginn hat Rheinmetall 1 200 neue Mitarbeiter:innen eingestellt, in Ungarn wird eine neue Munitionsfabrik gebaut, in Spanien übernimmt das Unternehmen einen Munitionshersteller. Für die kommenden Jahre erwartet Rheinmetall im militärischen Geschäft ein Umsatzwachstum von 15 bis 20 Prozent pro Jahr. Als der Konzernchef Armin Papperger vor kurzem mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba über die Lieferung von Panzern sprach, stieg der Kurs. Die Aussicht auf ertragreiche Rüstungsgeschäfte ließ die Rheinmetall-Aktie gleich zeitweise um 2,7 Prozent steigen. 

Auch österreichische Firmen lieferten früher Waffen an die Ukraine, etwa Pistolen, Scharfschützengewehre und Karabiner. Seit Beginn des Kriegs geschieht das nicht mehr direkt. Österreichische Waffen der Hersteller Glock und Steyr Arms schaffen es jedoch über Umwege, wie die Waffenlieferungen anderer Staaten, ins Kriegsgebiet. Es ist zu vermuten, dass auch sie am Auffüllen der Lager verdienen werden.

Europäische Rüstungskonzerne profitieren auch von neuen Förderungen zur Entwicklung militärischer Technologien. So hat die NATO wegen des Kriegs einen Innovationsfonds von einer Milliarde Dollar aufgelegt. Auch Länder wie die Niederlande, Belgien und Großbritannien haben Förderungen erhöht. Schließlich nutzt die Rüstungslobby den Krieg, um gegen zwei Dinge vorzugehen, die ihr schon lange ein Dorn im Auge sind: Den Ausschluss von Rüstungsfirmen aus vielen Finanzanlageprodukten und Beschränkungen von Rüstungsexporten. 

2. Banken

Raiffeisen International (RBI) vermeldet für 2022 3,6 Milliarden Euro Jahresgewinn, davon zwei Milliarden Euro in Russland. Vor dem Krieg war der russische Markt bei österreichischen Banken sehr beliebt. Die RBI ist seit fast zwanzig Jahren die größte ausländische Bank am Markt. Ihre Geschäfte macht sie vor allem mit Privatpersonen und mittelständischen Unternehmen in Großstädten. Eine Kundschaft, die in der RBI seit Beginn des Kriegs einen sicheren Hafen sieht. Außerdem profitiert die RBI vom hohen Kurs des Rubels sowie der gesetzlichen Pflicht, Exporterlöse mit einem Aufschlag sofort in Rubel zu wechseln.

Einen Wermutstropfen gibt es jedoch auch für die sonst erfreuten Aktionär:innen: Die Gewinne der Russland-Tochter der RBI müssen derzeit im Land bleiben, Ausschüttungen an die Wiener Mutter sind verboten. Inzwischen interessiert sich auch die US-Sanktionsbehörde OFAC für die RBI, was die Aktie Anfang der Woche kurzfristig um acht Prozent fallen ließ.

Nicht nur einzelne Banken, auch viele Versicherungen profitieren von der kriegerischen Gegenwart und der Verunsicherung in der Bevölkerung. Das Bedürfnis nach Sicherheit wächst, das Geschäft mit Versicherungen boomt. Allianz, American International Group (AIG) und ähnliche Versicherungen konnten 2022 mit einer positiven Bilanz abschließen. Ihr Kursgewinn lag bei 1,24 Prozent.

3. Energiekonzerne

Während wir tagtäglich die hohen Kosten für Lebensmittel, Wohnen und Heizen zu spüren bekommen, schreiben zahlreiche Energiekonzerne märchenhafte Gewinne. 

Die größten internationalen Ölkonzerne – Exxon, Chevron, BP, Shell und Total – machten 2022 Profite von insgesamt rund 190 Milliarden US-Dollar. Shell verdoppelte seinen Gewinn innerhalb eines Jahres und das größte US-Ölunternehmen Exxon verbuchte den höchsten Gewinn in seiner über 140-jährigen Geschichte. Besonders entlarvend ist die Strategie von BP: Aufgrund der hohen Nachfrage nach Öl und Gas korrigierte der britische Ölmulti seine Klimaziele – und zwar nach unten. Die klimaschädliche Ölförderung will BP nicht mehr so stark kürzen wie zuvor. Dabei zählte sich der Konzern mit seinen Klimaschutzzielen vormals zu den angeblichen „Vorreitern in der Energiebranche“.

Auch in Österreich bringt die Energiekrise Sondergewinne: Die OMV war dafür bekannt, stets gute Beziehungen zur russischen Gazprom zu pflegen. Doch mit  Kriegsbeginn änderte sich der Beziehungsstatus der beiden zu „Es ist kompliziert“. Die OMV stellte ihre Investitionen in das Russland-Geschäft ein und Russland gilt seitdem nicht mehr als Kernregion. Trotz alledem verdiente sich die OMV im ersten Kriegsjahr eine goldene Nase: Die kriegsbedingt hohen Gas- und Ölpreise bescherten dem teilstaatlichen Konzern einen Rekordgewinn von 5,2 Milliarden Euro. Dabei ist die OMV zentral für Österreichs fatale Gasabhängigkeit von Russland verantwortlich. 

Auch der Verbund profitiert von den gestiegenen Gaspreisen – und das, obwohl der teilstaatliche Konzern Strom aus Wasser und Wind erzeugt. Klingt absurd? It’s the Marktkopplungsmechanismus, stupid! Weil das teure Gas den Strompreis in die Höhe treibt, erhöht auch der Verbund seine Preise. Im Gegensatz zu anderen Energieversorgern wie der Wien Energie hat er jedoch keine höheren Kosten – sondern nur Traumgewinne auf unsere Kosten.

Am Energiemarkt gibt es noch einen weiteren, weniger beachteten Gewinner: Flüssiggas, vor allem jenes aus Fracking. Gefracktes Gas aus den USA ersetzt in Europa zunehmend russisches Pipeline-Gas. Die Infrastruktur für die Gewinnung von Flüssiggas wird derzeit ausgebaut und droht, die Gasabhängigkeit für Jahrzehnte fortzuschreiben. Auch in Österreich sorgte Fracking erst vor kurzem für Aufregung: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) will Fracking zur Förderung von Schiefergasvorkommen im Weinviertel einsetzen – dabei wurde genau dieses Vorhaben vor zehn Jahren durch Widerstand verhindert. Die Aussicht, nicht mehr von russischem Gas abhängig zu sein, erscheint manchen Politiker:innen und wirtschaftsnahen Organisationen wie der Industriellenvereinigung offenbar verlockend. Dass wir rasch komplett aus Gas aussteigen müssen und Fracking höchst umstritten ist, wird ignoriert.

Foto: Andrew Dawes

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