Der Blick auf die Steiermark ist für alternative Kräfte österreichweit von Bedeutung. Wenn die KPÖ bei den kommenden Landtagswahlen in der Steiermark Ende Mai im Landtag bleibt, stärkt das die gesamte Linke, auch innerhalb der SPÖ.
Wahlergebnisse bilden Veränderungen in der Gesellschaft nur unzureichend ab. Wahlen dienen hierzulande – bei stetig sinkender Beteiligung – vor allem der Bestätigung von Macht- und Herrschaftsverhältnissen. Selbst die Krise hat in Österreich nicht zu einer Wahl geführt, die zum Ausgangspunkt politischer Veränderungen im Sinne einer sozialen Alternative geworden wäre. Die politischen Eliten der SPÖ, ÖVP und der Grünen – und auf ihre besondere Art und Weise auch der FP – funktionieren so, wie das in der Welt von EU, ESM, Fiskalpakt, EZB und „Krieg gegen den Terror“ vorgesehen ist. Die bevorstehende steirische Landtagswahl am 31. Mai 2015 fügt sich in dieses Bild ein, jedoch mit zwei Besonderheiten.
„Reformpartnerschaft“
Die erste Besonderheit hat von versierten PolitikberaterInnen den Namen „Reformpartnerschaft“ erhalten. Sie bedeutet das Gegenteil von positiven Veränderungen im Interesse der Bevölkerung. Im Kern geht es darum in der Steiermark die Vorgaben der EU zur Budgetkonsolidierung auf Kosten des Sozialstaates durchzusetzen und langfristig abzusichern. Dies geschieht in einer konzertierten Aktion von SPÖ und ÖVP – unterstützt von den Sozialpartnern und den Massenmedien – auf eine für Österreich exemplarische Weise.
Gestützt auf eine Dreiviertelmehrheit im steirischen Landtag und unter Federführung des SPÖ-Landeshauptmannes Franz Voves kommt es seit 2010 zu massivem Sozialabbau, zur Schließung von Schulen und Spitalsabteilungen und auch zu demokratiepolitisch fragwürdigen Vorgangsweisen, etwa bei der Zusammenlegung zahlreicher Gemeinden.
Ziel dieser Partnerschaft ist es, die von der EU vorgegebenen Budgetziele, vor allem ein Nulldefizit, vorfristig zu erreichen und die Kosten der Bankenrettungen einseitig auf die Bevölkerung abzuwälzen. Man konnte fast die Jubelfanfaren hören, als SPÖ und ÖVP im Dezember des Vorjahres ein Landesbudget beschlossen, das keine Neuverschuldung vorsah. Dass das Nulldefizit durch Budgettricks erreicht wurde, steht auf einem anderen Blatt. Es wird nun als Selbstverständlichkeit ausgegeben, dass das Land Steiermark wegen der verteuerten Frankenkredite (45 Millionen Euro) und vor allem durch die Garantie für die Kärntenhaftungen der Landeshypo das Nulldefizit nicht einhalten kann. Das dadurch entstandene Millionendefizit selbst ist tabu. Da wird lieber der Wahltermin um vier Monate vorverlegt, damit die Bevölkerung davon nichts mitbekommt.
„Zukunftspartnerschaft“
Die Reformpartnerschaft soll fortgesetzt werden, Stimmenverluste für SPÖ und ÖVP von bis zu 20 Prozentpunkten wurden schon einkalkuliert. Dennoch rechnen die beiden Parteien damit auch nach den Wahlen eine sichere Mandatsmehrheit im von 56 auf 48 Sitze verkleinerten Landtag zu haben. Die Reduzierung der Landtagssitze führt auch dazu, dass es für Parteien wie die KPÖ schwieriger wird, erneut einzuziehen. Denn die notwendige Stimmenanzahl für ein Grundmandat in einem der vier Wahlkreise – welche für den Einzug notwendig ist – erhöhte sich ebenfalls.
Die Abschaffung des Proporzes in der Landesregierung hat in der Steiermark zur Folge, dass SPÖ und ÖVP ihre Koalition – wahrscheinlich unter dem Titel „Zukunftspartnerschaft“ – fortsetzen und den Kurs auf Kosten der Bevölkerung noch verschärfen werden.
Dass die FPÖ bei der Wahl sehr stark zulegen wird, dürfte von Voves und Schützenhöfer in Kauf genommen werden. Vielmehr stellt man sich gegenüber dieser ausländerfeindlichen Partei als „besonnen“ und „demokratisch“ dar und hofft KritikerInnen der eigenen Politik doch noch einmal für eine Stimmabgabe zu gewinnen. Auch die sinkende Wahlbeteiligung ist in den Berechnungen der ParteistrategInnen schon einkalkuliert. Sollten alle Stricke reißen und die derzeitige Landesregierung ihre absolute Mehrheit verlieren, haben sich die Grünen schon als Koalitionspartner angeboten.
Soziale Alternative
Die zweite Besonderheit macht die steirische Landtagswahl für fortschrittliche Menschen in ganz Österreich interessant. Mit der KPÖ ist in der Steiermark seit 2005 eine politische Kraft im Landtag vertreten, die sich als Sprachrohr für eine soziale und demokratische Alternative versteht. Mit der Plattform 25 gab es in den vergangenen Jahren zudem eine Bewegung gegen die Kürzungspolitik der Landesregierung. Diese Bewegung organisierte mächtige Demonstrationen und Kundgebungen und erzielte – in Teilbereichen – auch kleine Erfolge. So musste die Landesregierung nach massiven Protesten den Regress (also die Kostenbeteiligung) in Pflege und Sozialhilfe für Angehörige wieder abschaffen. Den Gesamtkurs der Landesregierung konnte das Bündnis nicht ändern. Ob es der KPÖ gelingen wird, weiter eine sichtbar Opposition im Landtag zu sein oder das zynische Kalkül der Zuspitzung des Wahlkampfes auf ein „Duell“ zwischen SPÖVP und FPÖ aufgeht, werden die steirischen WählerInnen entscheiden.
Diese Wahl hat für alle Kräfte, die in Österreich Alternativen zur herrschenden Politik suchen, große Bedeutung. Die KPÖ-Abgeordneten haben im Landtag schon bewiesen, dass sie ihre, von den WählerInnen übertragene Verantwortung nicht in einem engen parteipolitischen Sinn begreifen. Vielmehr bringen sie in den Gremien die Forderungen der Bewegung auf der Straße und der Menschen, die von der Politik der Herrschenden betroffen sind, zur Sprache. Damit ist es auch für kritische JungsozialistInnen, für fortschrittliche ÖkonomInnen oder für frauenpolitisch Engagierte nicht egal, ob die KPÖ weiterhin im steirischen Landtag vertreten ist oder nicht.
Chancen
In der Steiermark hat die KPÖ bei allen Wahlen seit 2010 zulegen können, so auch bei der Gemeinderatswahl am 22. März diesen Jahres, wo es gelungen ist, die Mandatszahl von 28 auf 38 zu erhöhen. Während SP und VP schwere Verluste erlitten, konnte die KP durchgängig dem Aufwärtstrend der FP standhalten. Das gibt Hoffnung auf ein positives Ergebnis auch bei der Landtagswahl. Wahlen sind aber kein Selbstzweck. Die Politik der Reformpartnerschaft unterscheidet sich im Kern nicht von der Politik des Bundes. Deshalb ist es notwendig, dass wir über die Grenzen der Steiermark hinweg zusammenfinden. Uns muss es jetzt vor allem darum gehen, herauszuarbeiten, welche Aktionen, Forderungen und Vorschläge die fortschrittlichen Kräfte in Österreich zusammenführen und zu gemeinsamem Handeln bringen können. Die Landtagswahl in der Steiermark könnte zu einer wichtigen Etappe auf diesem Weg werden.
Franz Parteder war 19 Jahre lang Vorsitzender der KPÖ Steiermark, das aktuelle Wahlprogramm der KPÖ kann hier abgerufen werden: www.kpoe-steiermark.at