Am 8. Juni fand der inzwischen 15. Ute Bock Cup statt. Das Benfizfußballtunier gilt als eines der wichtigsten Events der subkulturellen Linken in Wien. Andreas Aipeldauer sprach mit alten und neuen Aktivist*innen über die Ursprünge, das politische Selbstverständis und die Probleme des diesjährigen Cups.
Sonntag morgen in Hernals. Trotz strömenden Regens trudeln pünktlich die ersten Teams ein. Es herrscht leichte Anspannung, wie viele kommen werden und ob der Ute Bock Cup dieses Jahr trotz des Regens und des neuen Austragungsorts ein Erfolg werden wird. Die Wetterprognosen als Unsicherheitsfaktor beschäftigten das Orga-Team seit Tagen. Als um 10:00 Uhr dann die ersten Spiele angepfiffen werden und tatsächlich alle 26 Teams anwesend sind, löst sich die Spannung aber spürbar auf. Der Cup kann losgehen.
Banges Warten
Ob der Ute Bock Cup in diesem Jahr überhaupt stattfinden kann, stand lange in den Sternen. Der traditionelle Austragungsort, der altehrwürdige Platz des Wiener Sport Club, wird aktuell umgebaut. Schon im Winter war klar, dass er als Austragungsort 2025 nicht zur Verfügung stehen wird. Überlegungen, das Tunier im Rahmen eines Straßenfestest zu organisieren, erwiesen sich als komplizierter als anfangs gedacht. Gleichzeitig war immer klar, dass der Ute Bock Cup in Hernals bleiben sollte, ist er doch inzwischen eine Institution im Bezirk geworden und eng mit den Freund*innen der Friedhofstribüne verbunden.
Im April fand eine erste Kick-off Party im von Fans betriebenen Beisl gegenüber der Baustelle statt. Was die Gäste zu diesem Zeitpunkt nicht wissen ist, dass direkt davor ein Treffen des diesjährigen Orga-Teams stattfindet. Erst dort fällt die endgültige Entscheidung, “dass wir das jetzt durchziehen”, wie eine der Organisatorinnen freudestrahlend in der inzwischen launigen Runde der Party berichtet. Wie das alles genau funktionieren soll, weiß man zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Schlussendlich springt der Postsportverein ein und tragt so maßgeblich zum Gelingen des diesjährigen Cups bei.
Die Entstehung
Die Ursprünge des Cups liegen Ende der 2000er Jahre. Zu der Zeit gründeten sich die Ute Bock Shooters als Team der Geflüchteten der Unterkunft. “Finanziell ging des dem Verein Ute Bock damals nicht gut, es fehlte selbst an Geld für Bälle. Als Freund*innen der Friedhofstribüne haben wir immer wieder unterstützt und auch Trainingsplätzemitfinanziert.

Schnell war aber klar, dass es hier mehr Kontinutiät brauchen würde, um das Team und den Verein nachhaltig zu unterstützen”, berichtet Martin, der damals unter den Organisatoren des ersten Cups war. Generell wurde der Verein Ute Bock stark aus der Zivilgesellschaft unterstützt. So gab es beispielsweise schon 2003 in 70 Wiener Lokalen die Aktion „Bock auf Bier“, bei der ein Aufschlag von 10 Cent auf den Bierpreis zweckgebunden an den Verein ging. Heute ist der Ute Bock Cup eine wichtige Schnittstelle zwischen Fußballbegeisterten, Antirassistischen Initiativen, feministischen Fußballstrukturen und Faninitiativen.
Bock auf Kultur
Als 2009 der erste Cup stattfindet ist noch alles eher improvisiert. Unterstützung holt man sich aus den diversen linken Fan-Initiativen, wie der ARGE Tor, die jedes Jahr aus Linz anreisen. Mit dabeiwaren in den Anfangsjahren auch die Döblinger Kojoten der Vienna mit Arena Connection. Später kam auch internationale Verstärkung von den Löwenfans gegen Rechts von 1860 München. Aber auch die Kulturszene hilft mit. In den ersten Jahren geben sich namhafte Künstler*innen wie 5 Achterl in Ehren, Gustav, Vodoo Jürgens oder Clara Luzia am Wiener Sportclub Gelände die Klinke in die Hand. “De haum mi augrufen und i hob jo gsogt”, sagt etwa Josef Hader zu seiner Motivation der Teilnahme. Der Cup wächst auch dank dieser Unterstützung sehr schnell und kann durch die selbstorganisierte Struktur und viele ehrenamtliche Helfer*innen nach ein paar Jahren Spendeneinnahmen zwischen 20.000 und 30.000 Euro verzeichnen.
Vom Frauen zum FLINTA Cup
Dem Ute Bock Cups war es auch immer ein Anliegen den Frauenfußball durch einen eigenen Cup zu fördern. “Dass es sich dann über den FIT (Frauen, Inter, Trans) Cup hin zu einem FLINTA (Frauen, Lesben, Inter, Non-binary, Trans, Agender) Cup entwicklet hat, zeigt für mich ganz gut die grundsätzlichen Veränderungen, die im Frauenfußball, oder nicht cis-männlichen Fußball in den letzten Jahren stattgefunden haben”, berichtet Manuela. Sie hat viele Jahre den inzwischen umbenannten FLINTA Cup mitorganisiert. Auf Initiative von einem der teilnehmenden Teams wurde der Frauencup zum FIT Cup, um auch auf sprachlicher Ebene die Inter- und Trans-Inklusivität abzubilden, die teilweise auch davor schon gelebt worden war. Als sich über die Jahre auch die Auseinandersetzung um Geschlechtsidentitäten weiterentwickelte, wurde schließlich beschlossen, dass FLINTA Cup der passendere Begriff ist.
Auch an den teilnehmenden Teams lässt sich die Entwicklung im Fußball der letzten Jahre gut ablesen. Der Ute Bock Cup hatte dort quasi eine Vorreiter*innenrolle eingenommen. Gleichzeitig war es am Anfang überhaupt schwer genug, FLINTA Teams zu finden, die teilnehmen wollen. Hier konnten die gut funktionierenden Netzwerke, etwa von Dynama Donau – die dem Cup auch von Anfang an eng verbunden waren – aushelfen. So waren auch immer wieder Teams wie DFC Kreuzberg oder Roter Stern Leipzig in Wien zu Gast. “Heute ist der Ute Bock FLINTA Cup auch ein wichtiger Treffpunkt von progressiven, transinklusiven und offenen flinta Fußballteams”, schließt Manuela ihre Erzählungen.

Im Sinne der Namensgeberin
Mitte der 2010er Jahre passiert eine weitere wichtige Veränderung. Der Verein Ute Bock hatte sich mittlerweile durch offizielle Förderungen und den Großspender Peter Haselsteiner finanziell stabilisert und war damit nicht mehr so stark auf die Spenden aus der Zivilgesellschaft angewiesen. Schnell war man sich einig, den Cup trotzdem weiterzuführen. Seitdem gingen die Spenden unter anderem an die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, den Verein Flucht nach Vorn, die Queer Base und heuer erstmals an Planet10. Im Gedanken an die Langfristigkeit dieses Großevents der Wiener Linken und dem Bekanntheitsgrad des Namens, stellte sich die Frage, ob und wie der Name auch über das Leben von Frau Bock hinaus weiter verwendet werden sollte.
Ute Bock war dem Cup auch sehr verbunden und überreichte die Preise solange es ihr Gesundheitszustand noch zuließ. Deshalb gab sie auch ihr Einverständnis, den Cup weiterhin unter ihrem Namen auszurichten. Die einzige Bedingung für sie war, dass das unter ihrem Namen eingenomme Geld weiter für Flüchtlingsprojekte in “ihrem Sinne” verwendet werden sollte. “Diese Vereinbarung hielten wir dann auch bei einem Treffen an ihrem Krankenbett schriftich fest. Darauf wurde dann auch noch auf ihren Wunsch mit einem Schnaps angestoßen”, erinnert sich Jaxon an diesen denkwürdigen Moment.

Vieles neu in 2025
Zurück zum Postsportverein und dem Ute Bock Cup 2025. Der brachte nämlich neben dem Ortswechsel auch einige organisatorische und sportliche Neuerungen. Erstmals beteiligten sich auch Personen aus der Wilden Liga Wien – einer selbstorganisierten Fußball Liga – an den Vorbereitungen, wodurch die Organisation auf umso breiteren Beinen stand. Die Wilde Liga hatte auch eine im Ligabetrieb jahrelang erprobte Änderung im Gepäck. Diese Änderung integrierte den Geist des Ute Bock Cups, einen Fußball zu spielen bei dem das gemeinsame verletzungsfreie Spiel wichtiger ist als der Sieg, in den Tuniermodus.
So musste jedes Team nach jedem zweiten Spiel einen Fairplaypunkt an eine der beiden Gegner*innen vergeben. Diese Punkte wurden dann auch in die Gesamtwertung des Tuniers inkludiert, das dieses Jahr erstmals in einem Liga Modus stattfand. Bei insgesamt 6 Spielen pro Team konnte man also – wenn man immer das fairere Team war – 6 zusätzliche Punkte, also den Wert von zwei Siegen erringen. Das brachte eine neue Dynamik in den Spieltag und hatte einen positiven Effekt auf die Spielweise. Die Fairplay Punkte waren tunierrelevant und die einzelnen Spieler*innen permanent daran erinnert, nicht zu hart zu spielen.
Finale mit Freude
Gegen 17:00 Uhr ging das Tunier mit den Finalpaarungen zu Ende. Im Allgender Fairplay Finale setzt sich der FK Rüdengasse gegen das Team der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung mit 4:1 durch. Das FLINTA Fairplay Finale konnt das USI Team Tornados gegen die Shadow Stars knapp mit 1:0 für sich entscheiden. Im Allgender Punktfinale besiegte das Team von Fairplay nach Verlängerung den Standard mit 2:1 und im FLINTA Cup Punktefinale setze sich Dynama Donau 3:0 gegen den FC Biercelona durch. Inzwischen hatte sich auch der Regen verzogen und die Finalspiele konnten bei strahlendem Sonnenschein stattfinden und dem Ute Bock Cup 2025 ein gebührendes Ende setzen.

Du konntest am Tag des Ute Bock aufgrund des Regens, oder weil du ein Sportmuffel bist, nicht da sein, möchtest aber trotzdem einen Beitrag leisten? Der Ute Bock Cup freut sich auch jetzt noch über Spenden – alle Beträge, die unter dem Betreff „Ute Bock Cup Spende“ überwiesen werden, kommen zu 100% Flüchtlingen in Österreich zugute.
Konto: 40176440002
Bankleitzahl: 43000
Bezeichnung: Freund/innen d. Friedhofstribüne
IBAN: AT744300040176440002
BIC/SWIFT-Code: VBWIATW1
Bitte den Betreff „Ute Bock Cup Spende“ bei der Überweisung angeben!
Danke, Deine Freund/innen der Friedhofstribüne
Der Reinerlös des Cups kommt zu 100% Projekten zu Gute, die niederschwelligen, vorurteilslosen und unabhängigen Support für geflüchtete Menschen leisten. Der Reinerlös geht zu gleichen Teilen an:
- Deserteurs- und Flüchtlingsberatung
- Planet 10
Fotos: Ute Bock Cup

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