UN-Klimagipfel: Die Finanziers der Klimakrise bestimmen die Agenda

Treibhausgase

Trotz Pariser Klimaabkommen gibt es immer noch keine Regulierung, die Investitionen in fossile Industrien einschränkt. Der Grund: Ein wichtiger Teil der Klimapolitik wird in den Vorstandsetagen der Wall Street und der City of London gemacht – und die setzen auf Treibhausgase. Auch am diesjährigen UN-Klimagipfel in Ägypten.

Im April 2021 haben sich die größten Finanzkonzerne der Welt zur Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) zusammengeschlossen. Die Allianz wird vom ehemaligen Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, und dem Wall-Street-Magnaten und neuntreichsten Mann der Welt, Mike Bloomberg, geleitet. Zu den führenden Vertretern zählt auch Larry Fink von BlackRock, der für seine Verstrickung mit der Kohleindustrie bekannt ist. Bereits auf der Klimakonferenz in Glasgow 2021 hat die Allianz innerhalb des UN-Klimagipfels die Agenda für das private Finanzwesen übernommen. Öffentliche Institutionen dürfen dabei nur eine beratende Rolle einnehmen. Das gleiche Schauspiel wiederholt sich nun auf dem aktuellen Klimagipfel in Ägypten. Was das für die Klimaverhandlungen bedeutet, fasst ein hochrangiger BlackRock-Manager treffend zusammen: „Wenn man in der Finanzbranche von Klimarisiken spricht, meint man nicht das Risiko für den Planeten, sondern das Risiko für das eigene Portfolio“.

Selbstregulierung führt zu klimaschädlichen Investitionen

Mit der GFANZ vereinnahmen genau jene Konzerne die Klima-Agenda für sich, die die meisten Finanzierungen für fossile Brennstoffprojekte auf der ganzen Welt bereitstellen. Dementsprechend verbreitet die Allianz auch die Botschaft, dass von den Regierungen nur wenige oder gar keine Klimaschutz-Maßnahmen nötig und eine freiwillige „Selbstregulierung“ völlig ausreichend wäre. Das hat fatale Folgen: Die großen Finanzkonzerne wie Citigroup, JPMorgan Chase, Bank of America oder Goldman Sachs sind Mitglieder in der GFANZ und investieren nach wie vor jährlich zig Milliarden Dollar in fossile Konzerne wie Saudi Aramco, Abu Dhabi National Oil Co. oder QatarEnergy. Allein 2021 waren es in Summe 742 Milliarden US-Dollar – und damit mehr als vor dem Pariser Klimaabkommen.

Die Lüge der „Netto-Null“

Den Finanzkonzernen geht es nicht darum, ihre klimaschädlichen Geschäftsmodelle zu ändern. Ganz im Gegenteil: Ihre freiwillige „Netto-Null bis 2050″-Initiative hat keine Reduzierung der Finanzierung fossiler Brennstoffe zum Ziel. Denn die „Netto-Null” bedarf keiner realen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen – solange diese zum Beispiel durch zweifelhafte Kompensationen an anderen Orten „ausgeglichen“ werden können. Dies führt in der Realität zu Landgrabbing im Globalen Süden und mitunter zu noch mehr Emissionen.

Doch damit nicht genug: Am 28. Oktober wurde bekannt, dass die GFANZ ihre Zusammenarbeit mit der von der UNO unterstützen „Race to Zero-Kampagne“, die den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2050 auf die Netto-Null senken will, sogar still und heimlich beendet hat. Die Unzulänglichkeit rein freiwilliger Initiativen wird damit erneut bestätigt.

Propaganda im Globalen Süden

Darüber hinaus nutzen die Mitglieder der GFANZ ihre Machtposition, um ihr bevorzugtes Modell der „Klimafinanzierung“ für den Globalen Süden zu propagieren. Bei allen Foren des Klimagipfels zum Thema Klimafinanzierung ist die GFANZ Mitveranstalter und Teilnehmer. Im Zentrum stehen dabei die Profite der Konzerne. Das spiegelt sich in der Vergabe von Krediten, der Forderung nach Steuervergünstigungen für Konzerne und einem strengen „Investitionsschutz“ wider. Jede weitere Investition in die Infrastruktur für fossile Brennstoffe verschärft die Klimakrise unwiderruflich. Was ist also zu tun?

Investitionen in fossile Brennstoffe stoppen

Die Regierungen müssen in einem ersten Schritt den Einfluss der Finanzindustrie in den Gremien der UN-Klimaverhandlungen begrenzen. Die Finanziers der Klimakrise dürfen keine Rolle in einem Entscheidungs‐ oder Beratungsgremium spielen. Die gesamte Finanzindustrie muss sich zweitens den Bestimmungen und Zielen des Pariser Abkommens unterwerfen. Das Minimum dafür sind strenge Regeln für den Ausstieg aus Investitionen in fossile Brennstoffe und der Abholzung von Wäldern. Zudem müssen die Zentralbanken die Kapitalanforderungen für fossile Unternehmen erhöhen und somit deren Finanzierung verteuern.

Die Industrieländer müssen einen ernsthaften Plan für die Finanzierung der Transformation im Globalen Süden entwickeln. Dieser muss auf echten Hilfen und nicht auf Krediten basieren und sowohl den Forderungen des Globalen Südens als auch der historischen Verantwortung des Globalen Nordens Rechnung tragen. Der dafür bereits 2009 versprochene, aber nie eingelöste, jährliche 100‐Milliarden‐Dollar‐Fonds muss neu konzipiert und erhöht werden.

All diese Forderungen werden von einer breiten Allianz von rund 90 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus aller Welt geteilt. Denn klar ist: Wer den Profitinteressen der Finanzkonzerne Vorrang vor politischer Regulierung gibt, heizt die Klimakrise weiter an.

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