Steuerreform: Bumerang für öffentlich Bedienstete

Ein Gutteil der Steuerreform soll durch die seit langem beschworene Verwaltungsreform hereingeholt werden. Hinter dem schönen Wort Verwaltungsreform stecken in Wahrheit Gehaltseinbußen für 418.600 öffentlich Bedienstete, meint die Gewerkschafterin Kathrin Lais.

Unter dem wohlklingenden Begriff „Verwaltungsreform“ wird gemeinhin die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten oder die Modernisierung ineffizienter Strukturen verstanden. Anders das Vorhaben der Regierungsparteien:

Bis dato durch Medien bekannte Maßnahmen der „Verwaltungsreform“ reichen von geringeren Gehaltsabschlüssen (etwa 220 Mio. Euro) über Solidarbeiträge besserverdienender BeamtInnen (etwa 100 Mio. Euro) bis hin zu Förderungskürzungen (200 Mio. Euro). Finanziell weniger bedeutend, jedoch im Einzelfall nicht unbedingt weniger einschneidende Reformen, betreffen die Bereiche Überstundenreduktion, freiwillige Arbeitszeitverkürzungen und verringerte Ausgaben für ausgegliederte Einheiten (insgesamt etwa 90 Mio. Euro).

Ärmelschoner-BeamtInnen?

Mit der Verkündung dieser Maßnahmen kann man aufgrund des nach wie vor verbreiteten Bildes vom pragmatisierten, traditionsbehafteten Ärmelschoner-Beamtentum offenbar noch immer politisches Kleingeld wechseln. Dass die Gruppe der Betroffenen sehr unterschiedlich ist, und nichts mit dem Bild des klassischen „Beamtentums” zu tun hat, scheint in politischen Debatten keiner Erwähnung würdig. Dabei ist die Faktenlage eindeutig: Klassisches Verwaltungspersonal im Bundesdienst kommt auf einen Anteil von etwa 34%. Auf Landesebene entfallen ebenfalls nur etwa 33% auf die Verwaltung, während etwa 37% im Krankenanstaltenbereich tätig sind. (Siehe dazu: Bundeskanzleramt Österreich: Das Personal des Bundes 2014, Daten und Fakten). Geringere Gehaltsabschlüsse im Bereich der „Verwaltung“ treffen daher häufig Menschen, deren Arbeitsalltag von unregelmäßigem Arbeitsrhythmus, Arbeit im Freien, Nachtarbeit etc. geprägt ist und deren Aufgabenfeld, gemessen am gesellschaftlichen Beitrag, vielfach schon jetzt unterbezahlt ist. Es sind PflegerInnen, StraßenarbeiterInnen und KindergartenpädagogInnen die unter der „Verwaltungsreform” leiden werden.

Die öffentlich Bediensteten haben in den letzten Jahren bereits stark zu Kürzungen in der Verwaltung beigetragen. 2013 gab es eine Nulllohnrunde. Von 2006 bis 2012 hatten sie im Gegensatz zu ArbeiterInnen und Angestellten in der Privatwirtschaft Reallohnverluste hinzunehmen.

Der Anteil öffentlich Bediensteter an der Gesamtbeschäftigung lag in Österreich im Übrigen bereits 2011 mit 10,7% weit unter dem OECD Durchschnitt von etwa 15,5%.

Die Konsequenzen der „Verwaltungsreform“ bekommen öffentlich Bedienstete auf unterschiedliche Weise zu spüren. Von den geringeren Gehaltsabschlüssen sind die BezieherInnen niedrigerer Einkommen ungleich stärker betroffen. Weniger Überstunden bei konstanter Arbeitsbelastung und sich ständig verringerndem Personalstand stellt eine logische Unmöglichkeit dar und kann für die Betroffenen nur in ausbleibender finanzieller Abgeltung enden. In den ausgegliederten Einheiten ist man doppelt betroffen. Einerseits durch den Plan die Ausgaben dort generell zu verringern, andererseits erhalten sie ebenso wie alle anderen BeamtInnen dieselben niedrigen Kollektivvertragsabschlüsse.

Das Kernproblem

Die volkswirtschaftliche Kurzsichtigkeit einer derartigen Gegenfinanzierung der Steuerreform vermag angesichts der Verwaltungsreform-Rhetorik im Zusammenhang mit den dargelegten Maßnahmen kaum mehr zu verwundern. Sie stellt aber das eigentliche Kernproblem dar.

Den Umfang der Steuerreform als historischen Erfolg zu verkaufen grenzt an Hohn, sobald man die Gegenfinanzierung den zu entlastenden Gruppen aufbürdet. Damit läuft man Gefahr die eigentlich intendierten Kaufkraft- und einhergehenden Wachstumsimpulse zu untergraben. Eine Lohnsteuersenkung verbleibt ein kurzfristiges politisches Propagandamittel ohne positive gesamtwirtschaftliche Effekte, wenn das vielzitierte „Mehr Netto vom Brutto“ von Gehaltseinbußen oder durch die Erhöhung von Massensteuern (Stichwort tlws. Mehrwertsteuererhöhung) aufgefressen wird.

Die einmalige Chance einer echten Umverteilung von jenen, deren Leistung in der Anhäufung von Vermögen und Vermögenserträgen aus Erbschaften und Stiftungen besteht, zu jenen, deren Einkommen wieder in den Wirtschaftskreislauf fließt, wurde bereits vergeben. Bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung nicht jene am stärksten betreffen, die in ihrer täglichen Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft leisten.

Kathrin Lais ist Ökonomin und Mitglied der Gewerkschaft öffentlicher Dienst.   

Autor

 
Nach oben scrollen