Schwarz-Blau: Ein Herz für Kapitalgesellschaften

Zwei Milliarden Euro. So viel will die Schwarz-Blaue Wirtschaftsministerin den Unternehmen schenken. Was die geplanten Halbierung der Körperschaftssteuer bedeutet und was das mit Wurst- und Leberkäsesemmeln zu tun hat, erklärt Anna Svec.

Wer dieser Tage über die schwarzblaue Regierung schreibt, kann sich nicht über Themenarmut beklagen. Das Innenministerium lässt den Verfassungsschutz stürmen, mutmaßlich um sich über die Datenlage in den Angelegenheiten alter Freunde auf den neuesten Stand zu bringen. Der Verfassungsgerichtshof erklärt jenes niederösterreichische Mindestsicherungs-Modell für unzulässig, das die Regierung bald bundeseinheitlich zu verankern gedenkt. Und Sebastian Kurz taucht unter, weil die Westbalkanroute bereits geschlossen ist.

Fast unbeachtet geblieben ist im politischen Trubel eine Verlautbarung Margarete Schramböcks. Zu Unrecht. Denn was sie ankündigt, ist drastisch. Sie will die Körperschaftssteuer- halbieren.

Wer? Was?

Falls ihr euch fragt, wer Margarete Schramböck ist: Das ist die von der ÖVP gestellte Wirtschaftsministerin. Erkennbar vor allem an der mantrarartig in jeden passenden und unpassenden Moment gequetschten Formel: „Ich war auch selbst Unternehmerin!“ Scheint in der Parteifamilie zu liegen.

Und was ist die Körperschaftssteuer? Das ist so etwas wie die Einkommenssteuer der Körperschaften. Körperschaften stellen als juristische Personen das Pendant zu natürlichen Personen (Menschen) dar und umfassen vor allem Aktiengesellschaften, GmbHs und Vereine. Da große Unternehmen in Österreich zumeist in Form einer AG oder GmbH geführt werden, stellt die Körperschaftssteuer eine Besteuerung ihrer Erträge in Höhe von 25 Prozent sicher. Damit liegt der Steuersatz für Unternehmen schon jetzt weit unter dem Spitzensteuersatz für natürliche Personen.

Ein Zuckerl für Konzerne

Umso bemerkenswerter daher die angekündigte Senkung des Körperschaftssteuersatzes für sogenannte „einbehaltene Gewinne“. Bislang kommt der 25-prozentige Steuersatz auf Gewinne unabhängig davon zur Anwendung, wohin die Gewinnen anschließend fließen. Zukünftig sollen Einkünfte der Kapitalgesellschaft, die nicht an die GesellschafterInnen ausgeschüttet werden, hingegennur noch in Höhe von 12,5 Prozent besteuert werden.

Dabei sind einbehaltene Gewinne, wie der Name richtig sagt, zuvorderst eines: Gewinne der Gesellschaft, über die sie – abgesehen von der Möglichkeit der Ausschüttung – frei verfügen kann. Häufig werden damit etwa Gesellschaftsschulden beglichen oder auch Finanzmarktinvestitionen getätigt, das Kapital also unter Umständen sogar vermehrt.

Eine Verpflichtung der Kapitalgesellschaft, die steuerbegünstigte Summe statt in Wertpapiere etwa in arbeitsplatzfördernde Maßnahmen zu investieren, scheint in den Plänen der Regierung nicht auf. Die Maßnahme, die schon lange auf dem Wunschzettel der Industriellenvereinigung steht, ist also doch eher ein Zuckerl für Konzerne, als volkswirtschaftliches Lenkungsinstrument.

Leberkäse statt Wurstsemmel

Eine solche Steuerbegünstigung würde umgelegt auf die Einkommenssteuer für all diejenigen unter uns, die keine Aktiengesellschaft oder GmbH sind, ungefähr Folgendes bedeuten:

Angenommen, wir würden für einen bestimmten Teil unseres Einkommens eine bestimmte Art, dieses Einkommen zu verwenden, ausschließen. Beispielsweise hoch und heilig versprechen, keine Wurstsemmeln mehr zu kaufen und nicht mehr ins Kino zu gehen. Dann würde dieses Einkommen – schwuppdiwupp – nur noch zur Hälfte besteuert. Und zwar ganz gleich, ob wir uns anstelle der Wurstsemmeln nun gesunden Obstsalat oder eine Leberkäsesemmel kaufen. Oder ob wir statt ins Kino ins Museum gehen, oder ins Beisl.

Der Steuerungseffekt entfiele also. Weil wir nur auf die Wurstsemmeln und das Kino, nicht aber auf Leberkäse und Beisl verzichtet hätten. Unser halbierter Steuersatz aber bliebe. Klingt komisch? Ist komisch! Ist aber vor allem eins: Absicht.

Teure Geschenke

Der Osterhase bringt der Industriellenvereinigung aber noch mehr! Auch die Mindestkörperschaftssteuer in Höhe von fünf Prozent des Stamm- oder Grundkapitals, die Kapitalgesellschaften derzeit unabhängig vom Gewinn zu entrichten haben, ist bereits ins FPÖVP-Visier geraten.

Die MindestKöSt soll gewährleisten, dass Körperschaften auch in Jahren einen steuerlichen Minimal-Beitrag leisten, in denen ein Gewinn nicht erwirtschaftet oder mit Verlusten ausgeglichen wird. Ein kleines Gegengewicht zur steuerlich sehr vorteilhaften Konstruktion einer Kapitalgesellschaft.

Was die Steuergeschenke kosten würden, hat die Industriellenvereinigung übrigens praktischerweise gleich selbst ausgerechnet. Zwei Milliarden Euro entgehen dem Fiskus, wenn die KöSt wie angekündigt halbiert wird. Sollte sie, wie von Sebastian Kurz angedacht, für einbehaltene Gewinne völlig gestrichen werden, wären es gleich vier Milliarden. Das ist übrigens 70 mal mehr, als die Kürzung der Mindestsicherung in die Staats-Kasse schwemmen könnten.

Die armen Konzerne

ÖVP und FPÖ legen mit ihren steuerpolitischen Vorhaben einmal mehr offen, für wen sie regieren. Verpflichtet fühlen sie sich Aktiengesellschaften und GmbHs, Großunternehmen, und nicht zuletzt der Industriellenvereinigung. Ältere arbeitslose Menschen und NotstandshilfebezieherInnen, Geflüchtete und geringverdienende Eltern schauen weiter durch die Finger.

Nun ist natürlich allseits bekannt, dass gerade Aktiengesellschaften es häufig sehr schwer haben. Wer kennt nicht die Geschichten von AGs, die sich das Heizen nicht leisten, die Schulausflüge ihrer Kinder nicht bezahlen können und Angst vor teuren Zahnbehandlungen haben. Schwarz-blau verschließt vor dieser Armut nicht die Augen, sondern sagt mit mutiger Stimme: „Lieber ein paar hunderttausend Arbeitslose mehr, als hungernde und frierende Konzerne.“ Ob wir danke sagen sollen?

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