Reichtum V: Gehört BlackRock bald die ganze Welt?

Sogenannte Vermögensverwaltungsfonds wie BlackRock konzentrieren mit einem Geflecht an Firmenbeteiligungen ein schockierendes Ausmaß ökonomischer Macht. Abseits vom Fokus der Öffentlichkeit verbreitet sich so eine neue Art Monopolkapitalismus, meint Josef Falkinger.

Folgender Satz stammt nicht aus der Feder eines Verschwörungstheoretikers, sondern aus dem Finanzteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Die Fondgesellschaft BlackRock ist ein Gigant: Sie ist an fast allen Konzernen der Welt beteiligt und verwaltet unfassbare 4.700 Milliarden Dollar“. Der renommierte Kölner Ökonom Alex Ockenfels stellte vor kurzem in einem Gastkommentar Fakten zusammen, die es in sich haben: „In den Vereinigten Staaten ist BlackRock der größte Anteilseigner von einem Fünftel aller börsennotierten Unternehmen. In Deutschland ist BlackRock der größte Anteilseigner von mehr als einem Drittel der 30 Dax-Konzerne. Die Liste reicht von Adidas, Allianz, BASF und Bayer über die Deutsche Börse bis zu Siemens und Vonovia am Ende des Börsenalphabets….“

Gespenstisch und Gigantomanisch

Laut dem britischen Wirtschaftsblatt Economist ist BlackRock im Besitz eines elektronischen Investitionssystems namens Aladdin, das sieben Prozent der weltweiten Aktien und Anleihen verwaltet. Ironischerweise gehört der Economist mehrheitlich der Mediengruppe Pearson, die sich wiederum mehrheitlich im Besitz von BlackRock befindet.

Auch im Bankenbereich ist Blackrock beängstigend dominant. Alex Ockenfels stellt fest: „BlackRock ist der größte Anteilseigner von vier der fünf größten amerikanischen Banken, und in Europa der größte Anteilseigner zum Beispiel der Deutschen Bank, der niederländischen ING Bank, der englischen HSBC, der spanischen Banco Bilbao, und der zweitgrößte Anteilseigner von BNP Paribas, Unicredit und Banco Sanpaolo.“ BlackRock ist aber nicht der einzige Vermögensverwaltungsfonds. Es gibt Vanguard mit 3.200 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen und Fidelity mit 2.000 Milliarden Dollar.

Marktverzerrung

Ockenfels meint, die Wirtschaftswissenschaften hätten diesen Prozess der Machtbildung lange verschlafen. Jetzt gäbe es aber eine ganze Reihe von Studien, die nachweisen: Wo Vermögensverwaltungsfonds Märkte dominieren, sind die Preise für Kunden höher als anderswo und Investitionen werden zurückgehalten. Der Ökonom Martin Schmalz von der Universität Michigan hat diesem Zusammenhang bei Fluglinien und Banken untersucht. Der Schweizer Ökonom Joachim Voth vergleicht die neue Macht der Vermögensfonds mit den Trusts der Rockefellers, Vanderbilts und Carnegies. Er veranschaulicht seine These mit dem konkreten Beispiel zweier Agrarkonzerne. Sowohl DuPont als auch Monsanto werden mehrheitlich von Blackrock und Vanguard beherrscht. Letztere haben im Aufsichtsrat gegen den Willen anderer Anteilseigner die Firma DuPont dazu gebracht, wichtige Forschungsinvestitionen zu Gunsten des Konkurrenten Monsanto zurückzuschrauben.

Zahlreiche ÖkonomInnen sehen die Hauptursache der Wachstumsschwäche seit 2008 in der niedrigen Investitionsquote. Könnte die steigende Macht der Monopole die Ursache dafür sein, dass die hohen Profite hauptsächlich für Gewinnausschüttungen, den Rückkauf eigener Aktien zur Kurssteigerung und für Übernahmen verwendet werden, statt für Investitionen?

Monopolmacht

Die Wirtschaftswissenschaft untersucht die Folgen der Monopolmacht für die Preissetzung und das Investitionsverhalten. Dabei dürfen wir aber auch die politischen Folgen nicht vergessen: die unfassbar Macht mit der Konzerne wie Blackrock die Politik erpressen können! In der Zwischenkriegszeit sprach die Wirtschaftspresse in den USA von „den 60 Familien“, in Frankreich von „den 200 Familien“, in El Salvador sind es heute „14 Familien“, die das Land beherrschen. Treffen sich die Vorstandsvorsitzenden der drei größten Fondsgesellschaften der Welt, brauchen sie nur noch einen sehr kleinen Tisch reservieren. Christian Staub, Deutschlandchef von BlackRock bekennt in einem Interview ganz offen: „Blackrock ist der Überzeugung, dass es im Sinne unserer Kunden ist, Einfluss auf die Firmen auszuüben, an denen wir beteiligt sind,…“

Einfluss auf die Politik auszuüben ist sicher auch im Sinne der Kunden. BlackRock hat eine ganze Reihe von hochrangigen Beamten des US Finanzministeriums abgeworben, darunter den ehemaligen Unterstaatsekretär Peter R. Fisher.

Ein Treppenwitz der Geschichte

Seit den 1980er Jahren werden Finanzmärkte liberalisiert, der internationale Kapitalverkehr entgrenzt und staatliche Kontroll- und Steuerungsmechanismen systematisch zurückgedrängt. Immer ist das Hauptargument die Förderung der freien Konkurrenz und der Abbau staatlicher Monopole. Der Witz ist, dass am Ende dieses Prozesses private Monopole stehen, die mächtiger sind als jede Nationalbank der 1970er Jahre. Die öffentlichen Banken der 1960er und 70er Jahre leiteten mit Hilfe der Nationalbanken die Kapitalströme in die strategisch wichtigsten Sektoren der Wirtschaft, sie orientierten sich an den Erfordernissen der Gesamtwirtschaft und unterstanden der demokratischen Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Die modernen Monopole hingegen orientieren sich ausschließlich am Profit. Ihr Geschäft ist die Umgehung der Kartellgesetze – und damit die Verschwörung gegen die Öffentlichkeit.

Woher kommt das Vermögen?

Fondsgesellschaften verwalten das Vermögen von vermögenden Individuen, Familien, Stiftungen, aber auch von sogenannten institutionellen Investoren. Letztere sind Pensionsfonds, Versicherungen aber auch die großen Staatsfonds erdölexportierender Länder. Fondsgesellschaften betreiben einerseits Indexfonds, deren Firmenbeteiligung genau einen Börsenindex wiederspiegeln, beispielsweise den DAX. Sie beschäftigen sich aber auch strategisches Investment, um in gewissen Branchen eine marktbeherrschende Position zu erringen. Aktuell steht der deutsche Chemiekonzern Bayer kurz davor Monsanto zu übernehmen. Erst gestern hat Sebastian Theissing-Matei über die Folgen des Bayer-Monsanto-Deals für KonsumentInnen und LandwirtInnen gebloggt. Durch die Übernahme Monsanto durch Bayer für 59 Milliarden Dollar entsteht der größte Agrarchemiekonzern der Welt. Bei beiden Playern ist BlackRock Mehrheitseigentümer.

Josef Falkinger ist Ökonom und Gewerkschaftsaktivist.

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