Queere Kinderbücher: Von schwulen Pinguinen und Helden in Blümchenstrumpfhosen

Auslage queere Kinderbücher

Rechtsradikale fühlen sich von einer queeren Kinderbuchlesung bedroht. Dabei sind queere Kinderbücher keine Gefahr sondern eine Chance, schreibt Stefanie Klamuth. Beispiele gefällig?

Es ist erstaunlich, wie marginalisierte Gruppen und Personen, zum Beispiel aus der LGBTQIA+-Community, immer wieder als vermeintliche Gefahr verunglimpft werden. Die ehemaligen „Identitären“ fühlen sich nun sogar durch eine Kinderbuchlesung bedroht und organisieren einen Protest gegen die Veranstaltung mit der Dragqueen Candy Licious in der Wiener Bücherei Mariahilf. Dabei ist der eigentliche Skandal die bislang fehlende Diversität in Kinderbüchern. Verschiedene Hautfarben, Familienkonstellationen und Identitäten existieren. Umso wichtiger ist es, dass queere Lebensrealitäten Eingang in die Geschichten finden, die wir Kindern vorlesen. Davon gibt es mittlerweile eine beachtliche Auswahl.

Familien brauchen nicht immer Mama und Papa

„Zwei Papas für Tango“ von Edith Schreiber-Wicke und Carola Holland ist 2017 bei Thienemann-Esslinger nach einer wahren Geschichte erschienen und thematisiert den Babywunsch zweier schwuler Pinguine. Die Freunde Roy und Silo leben in einem Zoo in New York City und fühlen sich dort eigentlich sehr wohl. Für eigenen biologischen Nachwuchs können die beiden allerdings nicht sorgen und so werden sie getrennt und mit Pinguinmädchen zusammengesteckt. Der Kummer darüber ist für Silo und Roy aber so groß, dass sie nach wenigen Tagen wieder vereint werden.

Das Paar baut ein Nest, legt einen rundlichen Stein als Eiersatz in die Mitte und beginnt zu brüten – leider ohne Erfolg. Tierpfleger Rob tauscht den Stein schließlich gegen ein verlassenes Pinguin-Ei aus und die beiden brüten weiter, bis ein kleiner Pinguin schlüpft. Roy, Silo und ihr Nachwuchs Tango sind nun eine glückliche Familie und unterscheiden sich gar nicht so sehr von all den anderen Pinguinfamilien im Zoo.

Liebe vermehrt sich, wenn wir sie teilen

„Onkel Bobby‘s Hochzeit“ von Sarah Brannen und Lucia Soto ist 2021 im Zuckersüß Verlag erschienen und eine wundervolle Geschichte über die Definition von Familie. Clara ist gar nicht begeistert, als ihr Lieblingsonkel Bobby verkündet, zu heiraten. Sie befürchtet, dass er dann keine Zeit mehr für sie hat. Aber im Gegenteil, gemeinsam mit dem Verlobten Jan gehen Bobby und Clara ins Ballett, sie lassen Drachen steigen und gehen schwimmen. Clara ist glücklich und meint schließlich, wie schön es doch wäre, wenn beide ihre Onkel wären. Mit der Hochzeit ihres Onkels Bobby verliere sie schließlich keinen Onkel, sondern bekomme einen weiteren dazu. Denn Liebe vermehrt sich, wenn wir sie teilen.

Identitäten sind bunt und vielfältig

„Das Geheimnis hinter dem Regenbogen“ von der genderfluide*n Kulturwissenschaftler*in Yannick-Maria Reimers ist 2020 bei Alibri Kinderbuch erschienen und behandelt die Vielfältigkeit von Identitäten. „Du wirst in einen bestimmten Körper geboren, aber du kannst selbst entscheiden, wie du aussehen und wie du leben willst“, ist nur einer vieler nachhallender Sätze, die die eigentliche Geschichte vom Ort hinter dem Regenbogen ergänzen. Spielerisch und mit Hilfe der bunten Welt der Farben vermittelt das Buch Kindern, was hinter der Abkürzung LGBTIQ+ steht. Die Geschichte macht Kindern Mut, sie selbst zu sein, sich selbst zu finden und sich so zu lieben, wie sie sind oder sein wollen.

Identität entsteht im Herz und im Kopf

„Florian“ ist die wahre Geschichte des Sohnes von JR & Vanessa Ford und Kayla Harren (Übersetzung: Linus Giese) und erschien 2022 im Zuckersüß Verlag. Florian ist sich bewusst, kein Mädchen zu sein und will nicht länger als Mädchen leben. Er vertraut sich seinen Eltern an. Trotz ihrer Unterstützung hat er große Angst vor der Reaktion seiner Mitschüler*innen und Lehrpersonen. Als Florian nach den Sommerferien wieder in die Schule kommt, wird er mit seinem neuen Namen angesprochen und freudig empfangen. Seine Eltern haben Freund*innen und Lehrer*innen vorbereitet und alle akzeptieren, dass Florian kein Mädchen, sondern ein Junge ist – im Herz und im Kopf.  Eine lohnende Lektüre, auch für Eltern und Bezugspersonen.

In jedem Prinz steckt ein Fünkchen Prinzessin

„Prinzessin Hannibal“ von Melanie Laibl und Michael Roher ist 2017 im Luftschacht Verlag erschienen und „allen Helden in Blümchenstrumpfhosen“ gewidmet. Prinz Hannibal ist eigentlich Prinzessin, weiß aber nicht, wie er als solche wahrgenommen werden kann.  So fragt er seine sieben Schwestern um Rat. Sie erzählen vom Leben anderer Prinzessinnen. Schneewittchen musste als Haushaltshilfe bei Zwergen leben, bevor sie zur Prinzessin wurde. Eine andere Prinzessin musste auf einer Erbse schlafen, wieder eine andere musste einen Frosch küssen. Auch die Aussicht auf einen passenden gläsernen Pantoffel erscheint wenig realistisch. Am Ende erfährt der Prinz, der eigentlich eine Prinzessin ist, von seiner jüngsten Schwester, dass in jedem Prinz von sich aus auch ein Fünkchen Prinzessin steckt. Mit der passenden Kleidung und den passenden Accessoires fühlt sich der Prinz pudelwohl und ist fortan Prinzessin Hannibal.

Queere Kinderbücher sind keine Bedrohung, sondern vielmehr eine Chance, um Kindern Realitäten zu vermitteln, die sich an ihrem und den Leben ihrer Freund*innen und Bezugspersonen orientieren. Die Vielfalt menschlichen Lebens, die Diversität von Identitäten, die bunten Familienkonstellationen sind real und müssen als solche abgebildet werden – auch und gerade in Büchern für die Kleinsten.

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