Ukraine: Welche queer-feministischen Strukturen Unterstützung bieten

Pride Kiev

Viele queer-feministische Organisationen in der Ukraine helfen queeren Menschen momentan bei einer sicheren Flucht oder versuchen Schutzräume im Land zu schaffen. Nino Ugrekhelidze gibt einen Einblick in wichtige Strukturen.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zerstört nicht nur die Leben von Millionen Menschen, sondern ist auch ein Angriff auf linke Infrastrukturen. Von Lviv im Westen bis Mariupol im Südosten prägten queere NGO’s, Vereine und Kollektive bisher die politische Landkarte der Ukraine. Durch die Kriegshandlungen können Initiativen, die die Rechte und Sichtbarkeit von Trans-, Inter- und nichtbinären Personen unterstützen und gegen Geschlechterungleichheit agieren, praktisch nicht mehr arbeiten. Sie sind derzeit gezwungen ihren Communities eine sichere Flucht zu ermöglichen.

Vernetzung und Unterstützung an sicheren Orten

Im Bereich der NGO’s gibt es zum Beispiel in Lviv den Feminist Workshop. 2014 gegründet, kümmert sich die Organisation um feministische Bildungsarbeit und vernetzt Aktivist*innen vor allem auf regionaler Ebene. Einen spezifischeren Fokus auf queere Identitäten hat die NGO Sphere, die in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, organisiert ist. In ihrem „Pride Hub“ schafft die Gruppe einen Safer Space für queere Menschen und damit einen Ort zur Vernetzung untereinander sowie mit Unterstützer*innen.

Psychologische und rechtliche Unterstützung für LGBTIQ+ bietet die NGO „Insight“, die in über zehn ukrainischen Städten aktiv ist. Da es für die mentale Gesundheit wichtig ist, Orte aufsuchen zu können, an denen man sich verstanden fühlt, hält die Organisation eine aktualisierte Liste von gendersensiblen Ärzt*innen aufrecht.

Gezielt für die Rechte von Rom*njas setzt sich der Roma Women Fund ein. Von Kiev aus kooperiert er mit zahlreichen Roma*nja-Gemeinschaften auf regionaler Ebene. Ebenso für Rom*njas, aber auch spezifisch für LGBTIQ+-Menschen, organisiert groupingsalt Unterstützung. Das anarcho-queer-feministische Kunstkollektiv sammelt beispielsweise Geld für Frauenhäuser oder queere Kooperativen.

Flucht aus dem Krieg

Andere von Queers geführte Initiativen machen politische Kunst, setzen die Rechte queerer Menschen durch, adressieren die spezielle Situation von Intersexpersonen oder feilen an politischen Analysen und Standpunkten. Für alle endete ihre Normalität mit Kriegsbeginn. Manche von ihnen organisieren jetzt Spendenaktionen, um queeren Menschen eine sichere Flucht aus dem Krieg zu organisieren. Denn die Angst und reale Gefahr vor transphoben Übergriffen lässt zum Beispiel viele Transpersonen die Flucht gar nicht erst antreten.

Solidarität ist keine knappe Ressource im Nullsummenspiel Krieg. Sie ist keine Gleichung, die abzieht und trennt, sondern eine, die multipliziert. Wir müssen den Krieg dringend beenden und die am stärksten Betroffenen unterstützen. Was können wir also tun? Eine Möglichkeit ist, Ressourcen zu schaffen und zu verteilen. Darin sind einige (queer-) feministische Organisationen involviert.

Die Kiev-Pride sammelt Spenden um LGBTIQ+-Personen eine sichere Flucht zu ermöglichen. Auch die bereits erwähnten Aktivist*innen von „Insight“ bitten in einem Spendenaufruf um finanzielle Unterstützung, um LGBTIQ+-Personen aus der Ukraine evakuieren zu können. Doch die prekäre Situation queerer Menschen innerhalb der Ukraine hat sich durch den Krieg ebenfalls intensiviert. In diesem Zusammenhang bittet die LGBTIQ+-Organisation „Sphere“ um finanzielle Unterstützung. Das sind nur ein paar Beispiele unter vielen weiteren Organisationen, die marginalisierten Menschen derzeit helfen.

Globale Solidarität

Es gibt Fäden, die Gebiete von der Ukraine bis Syrien, von Jemen bis Somalia, von Belarus bis Kaschmir, von Tibet bis Afghanistan miteinander verbinden. Diese Fäden sind die Kämpfe gegen die Kräfte des Imperialismus, Kolonialismus und des Militarismus. Sie sind auch der Kampf für das Recht auf ein würdiges Leben frei von Krieg und Besatzung.

An diesem kritischen globalen Wendepunkt sind alternative transnationale Bewegungen, die den Imperialismus bekämpfen und gleichzeitig miteinander solidarisch sind, nicht nur möglich. Sie sind die einzige Chance, sich gegen das System des Neofaschismus, des durch fossile Rohstoffe befeuerten Terrors, des Rassismus und des Patriarchats zu stellen. Dafür brauchen sie jetzt unsere Unterstützung.

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