Magnus Brunner: Ein Klima-Schwurbler als Finanzminister

Magnus Brunner Hofburg

Magnus Brunner ist Vielflieger, Autobahn-Fetischist – und geht an die Klimakrise heran wie Herbert Kickl an die Pandemie. Manuel Grebenjak mit einem Porträt des neuen Finanzministers.

Neben der Angelobung von Karl Nehammer als neuer Bundeskanzler ist es vielleicht die wichtigste der durch die türkise Implosion ausgelösten Personalrochaden: Magnus Brunner wird neuer Finanzminister. Noch ist der bisherige Staatssekretär im Umweltministerium nur wenigen ein Begriff. In regelmäßig durchgeführten Politiker-Rankings hatte er unter den Mitgliedern der Bundesregierung den untersten Platz in der Bekanntheits-Reihenfolge gepachtet. Zuletzt gaben 49 Prozent der befragten Österreicher:innen an, ihn nicht zu kennen. Ganzen drei Prozent war er positiv aufgefallen.

Als Klima-Staatssekretär ein Vielflieger

Für den Klimaschutz in Österreich ist seine Bestellung jedenfalls keine gute Nachricht. Der Vorarlberger steht für blinde Technikgläubigkeit und ist gegen die nötigen staatlichen Interventionen für einen klimagerechten Umbau von Mobilitätssystem und Wirtschaft.

Im Umweltministerium war er bisher als Staatssekretär für Schiff- und Flugverkehr zuständig. Letzterer hat es ihm anscheinend besonders angetan. So flog er letztes Jahr 22-mal für Termine nach Vorarlberg – trotz Zugverbindungen und trotz der wichtigen Vorbildfunktion gerade von Spitzenpolitiker:innen, die im für Klimaschutz zuständigen Ministerium arbeiten.

Magnus Brunner: „Wir brauchen den Lobautunnel“

Vergangene Woche wurde die Lobau-Autobahn in Wien durch Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler abgesagt. Der größte Sieg der Umweltbewegung in den letzten Jahren war wohl kein Tag zum Feiern für Magnus Brunner. Erst im Juli betonte er im Interview mit der Presse: „Wir brauchen den Lobautunnel“ und behauptete, dieser und die geplante Bodensee-Autobahn würden die Bürger:innen „konkret entlasten“. Dass mehr Straßen das Gegenteil davon bewirken und mehr Autos bringen, ist ein gut belegtes Faktum. Brunner ist das aber anscheinend unbekannt oder egal.

Auch in anderen Bereichen nimmt es Magnus Brunner mit den Fakten nicht so genau. „Klimaschutz und Fliegen sind vereinbar“, sagte er erst vor einem Monat zum Kurier. Um dieses Ziel zu erreichen, solle Österreich „alternative Treibstoffe“ für die Luftfahrt produzieren. 2050 will er so einen Anteil solcher Treibstoffe von 63 Prozent erreichen. Das passt weder mit dem Ziel Klimaneutralität 2040 zusammen, noch ist es realistisch.

Klimapolitik im Stil von Corona-Kickl

Wie Analysen des Netzwerks Stay Grounded zeigen, wird der Beitrag solcher „E-Fuels“ zum Klimaschutz weit weniger beitragen, als die Flugindustrie verspricht. Bisherige Ziele wurden verlässlich verfehlt. Derzeit bewegt sich der Anteil im Flugverkehr im Promillebereich. Damit sind E-Fuels für den Klimaschutz im Flugverkehr so etwas wie das Pferde-Entwurmungsmittel Ivermectin bei Corona. Theoretisch könnte es wirken, die nötige Dosierung geht sich aber einfach nicht aus. Das hält Politiker wie Kickl oder Brunner nicht davon ab, die falschen Mittel anzupreisen.

Klimaschutz-Schwurbler Magnus Brunner

Am Boden fährt Magnus Brunner gern mit dem Wasserstoff-Auto. Ganze fünf Wasserstoff-Tankstellen gibt es derzeit in ganz Österreich, dort tankt man vor allem „grauen“ Wasserstoff, der mithilfe von fossilem Gas erzeugt wird. Wenn E-Fuels das Ivermectin des Klimaschutzes sind, dann ist grauer Wasserstoff wie Globuli: Man kann an seine Wirkung glauben – mehr als ein Placebo-Effekt wird trotzdem nie eintreten. Natürlich wird (grüner, mit erneuerbaren Energien erzeugter) Wasserstoff eine kleine Rolle im Klimaschutz spielen. Mit seinem elitären Wasserstoff-PKW wird der Finanzminister aber auch in Zukunft ziemlich allein bleiben.

Geht es um die nötigen Einschränkungen für klimaschädliche Technologien, schwurbelt Magnus Brunner gern von „Technologieoffenheit“. In der Klimaszene ist das als ein Codewort für „nichts tun” verschrien. Überhaupt kenne man „erst 30 Prozent der Technologien, die wir brauchen werden, um unsere Ziele im Klima- und Energiebereich zu erreichen“. Das ist falsch und ein gefährliches Verzögerungs-Argument. Wir haben bereits alle Mittel, die wir brauchen, um die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu beenden – müssen aber endlich alte Technologien ausmustern. Doch von Verboten, zum Beispiel von Verbrennungsmotoren, hält Magnus Brunner nichts. Der Markt werde entscheiden, was die beste Lösung sei, schließlich habe dieser „zwar nicht immer recht, aber meistens schon“.

Eine der wichtigsten Maßnahmen für Klimaschutz in Österreich wäre es, fossile Energien und anderes Umweltschädliches endlich nicht mehr mit Milliarden an Steuergeld zu subventionieren: Beispiele sind Pendlerpauschale, Dieselprivileg und die Steuerbefreiung von Kerosin. Schaut man sich an, wie kritisch und defensiv Magnus Brunner als Staatssekretär die Pläne der im Herbst präsentierten Steuerreform mit zartem Ökologisierungshauch kommentierte, wird unter ihm als Finanzminister wohl kaum eine Trendwende zu erwarten sein. 

Klimagerechtigkeit? Nur gegen die ÖVP

Auch wenn manche in der Klimabewegung noch immer an die ÖVP appellieren und auf Besserung hoffen: Die Partei hat in den vergangenen Jahrzehnten zur Genüge bewiesen, dass es mit ihr keinen starken Klimaschutz geben wird. Und erst recht keine klimagerechte Politik. Das wird sich auch nach der türkisen Implosion und bei einer Rückfärbung auf Schwarz nicht ändern. Das Wort „ökosozial“ vor sich herzutragen verringert keine Tonne CO2 und ist in einer von Bünden und Lobbys gesteuerten Partei nicht mehr als Heuchelei. Diese verkörpert auch Magnus Brunner, der von 2007 bis 2020 Vorstandsvorsitzender der Ökostrom-Abwicklungsstelle war. Als Finanzminister ist von ihm nur eins zu erwarten: mehr vom selben. 

Mit der ÖVP wird in Österreich keine klimagerechte Politik geben. Die Klimabewegung und alle ernsthaft an Klimaschutz interessierten politischen Kräfte müssen das erkennen. Und die richtigen Schlüsse daraus ziehen: Der ÖVP muss so viel so viel Macht wie möglich entzogen werden. Und wir müssen das gesamte politische Spektrum weiter so verschieben, dass keine Regierung an einer Politik vorbeikommt, die unsere Lebensgrundlagen nicht mehr zerstört. Klimagerechtigkeit kann es nur ohne und gegen Parteien wie die ÖVP geben.

Manuel Grebenjak hat Politische Ökologie und Kommunikationswissenschaft studiert und arbeitet als Campaigner beim Netzwerk Stay Grounded.

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