An vier Orten in Wien forderte LINKS mit einem 400-m²-Banner ein „neues Rotes Wien“. Was die Partei damit meint und warum sie dafür Karl-Marx-Hof, Brunnenmarkt, Praterstern und Rathaus ausgewählt hat, erklärt Spitzenkandidatin Anna Svec.
„Für das neue Rote Wien“: Das steht auf einem riesigen Banner, das LINKS in den letzten Tagen in Wien gezeigt hat – und das auch auf Türkisch und Bosnisch/Kroatisch/Serbisch. Mit dem „Roten Wien“ meint LINKS nicht die heutige SPÖ-Regierung, sondern das Wien der Zwischenkriegszeit. Damals wagte die Stadt eine „radikale Umverteilung des vorhandenen Vermögens, um Wohnraum und Infrastruktur zu schaffen“, schreibt LINKS in einer Aussendung.
LINKS hat diese 400-Quadratmeter-Botschaft an vier Orten gezeigt – und erklärt die Auswahl so:




Mosaik-Blog: Was war das Ziel Eurer Aktion? Warum ein riesiges Banner anstelle einer einfachen Presseaussendung?
Anna Svec: Wir wollen Menschen nicht nur über die Presse zu erreichen, sondern auch direkt im öffentlichen Raum. Unsere Botschaft ist, dass Wien eine Stadt für alle Wiener*innen ist. Wien gehört auch Menschen mit anderer Staatsbürgerschaft und Menschen, die eine andere Sprache sprechen als Deutsch. Jenen Leuten, von denen gerade viele vom Wahlrecht ausgeschlossen sind und die generell mehr Hürden im Leben überwinden müssen. Sie gestalten die Stadt mit, arbeiten hier, zahlen hier Steuern, ziehen ihre Kinder hier groß. Diese Breite an Menschen sehen wir als Stärke. Wir wollen klar machen, dass Wien eine Stadt für alle werden muss, die hier leben.
Ihr habt schon einige Aktionen geliefert. Vor Firmen wie Hotel Sacher, der Strabag oder Swarovski habt ihr die Zahl der gekündigten Mitarbeiter*innen und die zugleich ausgezahlten Dividenden in riesigen Lettern auf den Boden gemalt. Vor leerstehende Hotels oder Spekulationshäuser habt ihr geschrieben, wie viele Flüchtlinge aus Moria dort Platz finden könnten. Sind solche plakativen Aktionen der einzige Weg, als Kleinpartei in Zeitungen wie die HEUTE zu kommen?
Es ist für uns auf jeden Fall schwieriger, mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber uns geht es nicht nur um Wahlkampf. Wir wollen als linke Partei auch in Nicht-Wahl-Zeiten auf der Straße aktiv zu sein und Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen. Für uns schließt es sich nicht aus, in Bezirksvertretungen oder im Gemeinderat als Opposition zu arbeiten und trotzdem sowohl auf aktionistische Art und Weise als auch in Bewegungen aktiv zu sein. Das ist ja letztlich auch, wo viele von uns her kommen und was wir wollen: Eine kämpferische linke Partei sein, die überall ist, wo es eine Linke braucht.
Immer wieder werden Kleinparteien in Medien übersehen. Birgit Hebein, war oft zu lesen und zu hören, wäre die einzige weibliche Spitzenkandidatin im Wien-Wahlkampf. Wie kann es sein, dass Medien wiederholt so fehlinformiert sind?
Birgit Hebein ist vor ein paar Tagen in einem Interview gefragt worden, wie sich das anfühlt, einzige Spitzenkandidatin zu sein. Sie hat daraufhin nicht geantwortet, dass das nicht stimmt, dass es auch mich und Martha Bißmann vom SÖZ gibt. Das zeigt eine große Ignoranz.
Medien blenden uns aus, weil wir in Wahlumfragen seltener vorkommen. Und in den Umfragen kommen wir nicht vor, weil die Medien nicht über uns berichten. Das bedingt sich gegenseitig. Guter Journalismus müsste das überwinden. Auch die Fünf-Prozent-Hürde schränkt uns ein. Aber wir nutzen andere Möglichkeiten. Möglichkeiten, die wir ohnehin als Teil unserer politischen Arbeit sehen. Das sind Aktionismus und Aktivist*innen, die jeden Tag auf die Straße gehen, Gespräche führen und uns so Gehör verschaffen. Das ist das Solidarisieren mit Bewegungen und Kämpfen, mit andern politischen Akteur*innen. Das ist die Arbeit in jedem Bezirk.
Ihr sprecht auf Eurem Banner das historische rote Wien der Zwischenkriegszeit an. Warum?
Aspekte am historischen Roten Wien waren sehr positiv. Für uns steht es für eine progressive, radikale Politik der Umverteilung, wie wir sie seit 100 Jahren vermissen. Das historische Rote Wien ins Jetzt holen und noch kämpferischer auszubauen heißt für uns, für die radikale Umverteilung des vorhandenen Vermögens zu stehen, es denen zu geben, die es ja auch tatsächlich erarbeiten.
Es heißt, das Menschenrecht auf Wohnen ernst zu nehmen, Leerstand zu enteignen und gemeinnützig umzugestalten. Es heißt Sicherheit zu schaffen und zwar nicht durch eine Institution die die meisten Leute eher mit Angst assoziieren und die von strukturellem Rassismus durchdrungen ist wie die Polizei, sondern in Form einer bedingungslosen Existenzsicherung von 1.500 € und eines Mindestlohns von 1.950 €, mit Anerkennung von Sorge- Haushalts- und Pflegearbeit als Arbeit. Und jedenfalls durch das Kämpfen gegen ein System, das all die bestehenden Ungerechtigkeiten hervorbringt.
Der Bezug zum roten Wien – das natürlich nicht frei von Fehlern war – steht für uns für eine klare und kompromisslose Politik im Interesse der Unterdrückten. Wir schaffen ein gutes Leben für alle statt uns mit rassistischer Spaltung oder sexistischer Arbeitsaufteilung Zugeständnisse zu erkaufen.