Mireille Ngosso hat sich mit FreundInnen in Wien zusammengetan, um eine Protestkundgebung vor der libyschen Botschaft in Wien zu organisieren. Warum sie das getan hat, was die furchtbaren Zustände in Libyen mit Sebastian Kurz zu tun haben und wie es damit weiter geht erzählt sie im mosaik-Interview.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine Kundgebung vor der libyschen Botschaft zu organisieren?
Mehrere FreundInnen und Bekannte in Wien haben in den letzten Tagen die Berichte aus Libyen gehört. Unabhängig voneinander haben wir uns gedacht: Man muss etwas tun. Besonders in der afrikanischen Community ist das Thema sehr präsent. Wir haben uns dann schnell getroffen, das war der Beginn.
Welche Berichte aus Libyen waren das?
CNN hat letzte Woche berichtet, dass in Libyen flüchtende Menschen und MigrantInnen schwer misshandelt, vergewaltigt und sogar versklavt werden. In libyschen Städten sind Sklavenmärkte entstanden, auf denen Geflüchtete und MigrantInnen verkauft werden. Wir wissen das von Menschenrechtsorganisationen, die vor Ort arbeiten, und durch persönliche Kontakte schon seit Monaten. Aber bisher hat die Welt geschwiegen. Jetzt ist durch die großen Medienberichte internationale Aufmerksamkeit da.
Weiß man, wer dafür verantwortlich ist?
Es sind libysche Milizen, die diese Verbrechen begehen. Diese Milizen werden auch von der EU als Teil ihrer Grenzpolitik finanziert. Das heißt da fließt auch österreichisches Steuergeld.
Ihr habt heute früh eine Protestkundgebung vor der libyschen Botschaft abgehalten. An wen richtet sich euer Protest und was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Forderungen?
Wir haben in Österreich einen Außenminister und wohl zukünftigen Bundeskanzler, der sich immer stark für eine Schließung der Mittelmeerroute ausgesprochen hat. Aber Zustände, wie sie jetzt in Libyen herrschen, sind der Preis, der für eine solche Schließung gezahlt werden muss. Die EU-Grenzen werden nach Afrika verschoben, weit weg von uns. Das heißt, dass es für die Welt in Ordnung ist, dass dort Folter, Mord und Versklavung stattfinden.
Das wichtigste Ziel ist, dass diese Menschenrechtsverletzungen in Libyen ein Ende finden. Die Sklaverei, die Misshandlungen und Vergewaltigungen müssen sofort beendet werden. Wir fordern aber auch, dass die libyschen Milizen nicht länger von den Staaten der EU finanziert und aufgerüstet werden.
Letztlich brauchen wir, eine grundlegende Änderung der europäischen Grenzpolitik. Wir wollen keine Schließung der Mittelmeerroute, wir wollen nicht, dass Menschen mit Gewalt daran gehindert werden, nach Europa zu kommen. Menschen, die versuchen, nach Europa zu flüchten, dürfen nicht in Libyen festgehalten oder dorthin abgeschoben werden.
Gibt es weitere Pläne? Wie wollt ihr weiter für diese Ziele aktiv sein?
Ja, die Kundgebung war erst der Startschuss. Sie ist Teil internationaler Proteste, in ganz Europa finden Kundgebungen und Demonstrationen statt. Wir in Wien wollen in den nächsten Wochen aber auch Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen zu dem Thema organisieren. Und übernächste Woche enden wir mit einer hoffentlich großen Demonstration in der Innenstadt, wo wir am Parlament, am Innen- und am Außenministerium vorbeiziehen wollen, um unseren Protest sichtbar zu machen.
Interview: Benjamin Opratko