Kurz, Orban, Macri: So versuchen sie, uns zum Schweigen zu bringen

Unter Schwarz-Blau stehen uns weitere Überwachung und die Einschränkung unserer politischen Rechte bevor. Doch damit sind wir nicht allein. Weltweit versuchen Regierungen, die kritische Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen, erklärt Carla Weinzierl von Attac Österreich.

Das Regierungsprogramm spricht eine klare Sprache. Schwarz-Blau plant ein neues Überwachungspaket, das unter anderem automatische Gesichtserkennung bringen soll. Über die Bürgerinnen und Bürger sollen noch mehr Daten gesammelt und diese besser verknüpft werden. Das bedroht nicht nur unsere Privatsphäre, sondern auch unsere politischen Freiheiten.

Diese Pläne sind Teil eines größeren, globalen Trends. Denken wir an den Patriot Act in den USA, die Einschränkung des Versammlungsrechts in Spanien und das Vorgehen des türkischen Präsidenten Erdoğan gegen kritische JournalistInnen. Hinter diesen Beispielen stehen gezielte Strategien von Regierungen und Eliten, die Handlungsspielräume zivilgesellschaftlicher Akteure einzuschränken.

Kürzung von Förderungen

Ein direktes Mittel, wie rechte Regierungen Druck auf die kritische Zivilgesellschaft ausüben, ist die Kürzung von öffentlichen Mitteln. Erhalten NGOs durch Mittel von ausländischen Stiftungen, verbieten die Regierungen die Finanzierung von außerhalb der Landesgrenzen.

So verabschiedete etwa Ungarn 2017 ein Gesetz, das durch Auslandsspenden finanzierte NGOs strenger staatlicher Kontrolle unterwirft. Aktuell will die ungarische Regierung dies noch verschärfen. Flüchtlings-NGOs, die sich aus dem Ausland finanzieren, sollen 25 Prozent ihrer Spenden als Strafsteuer abführen müssen.

Bürokratische Schikanen

Als weiteren rechtlichen Weg, um NGOs ihre Arbeit zu erschweren, erlassen Regierungen sehr hohe Auflagen, um als Verein anerkannt zu werden oder für die Buchhaltung. Können die Organisationen die Auflagen nicht erfüllen, werden sie gestraft und ihre Arbeit eingeschränkt.

Ägypten verabschiedete letztes Jahr ein repressives NGO-Gesetz, das die dortige Zivilgesellschaft schwer schädigt. NGOs müssen künftig alle Spenden und Förderungen dem Staat melden, ebenso wie jede kleinste Änderung ihrer Tätigkeiten. Die Regierung darf künftig die Arbeit der NGOs bis ins Detail kontrollieren. Zahlreiche FunktionärInnen von Menschenrechtsorganisationen wurden bereits zu Haftstrafen verurteilt, da sie den umfassenden Registrierungspflichten nicht entsprachen.

Kriminalisierung und Delegitimierung

Weiters greifen Regierungen und Polizei zu Angriffen auf einzelne AktivistInnen, die sich für Menschenrechte oder andere gesellschaftliche Anliegen stark machen. AktivistInnen werden kriminalisiert und für falsche oder übertriebene Vorwürfe vor Gericht gestellt. Sie werden stigmatisiert und ihre Arbeit delegitimiert, indem sie als gewalttätig, radikal oder verrückt dargestellt werden.

Jüngstes Beispiel dafür sind die Vorfälle bei der WTO-Konferenz in Buenos Aires im Dezember 2017. Nur wenige Tage zuvor untersagte die argentinische Regierung rund 60 VertreterInnen von Gewerkschaften, NGOs und sozialen Bewegungen die Teilnahme. Betroffen waren unter anderem Friends of the Earth, Attac Frankreich und Attac Norwegen, der brasilianische NGO-Dachverband REBRIP oder auch das Forschungsinstitut TNI.

Einzelnen VertreterInnen wurde sogar die Einreise ins Land verweigert. Die argentinische Regierung behauptete, die Organisationen würden über soziale Medien zu gewaltsamen Protesten aufrufen und Chaos verursachen.

Obwohl Argentinien nach großem öffentlichen Druck zurückrudern musste, war die Zivilgesellschaft bei der Konferenz unterrepräsentiert. Das Motiv hinter den fabrizierten Vorwürfen ist klar: All diese Organisationen engagieren sich seit Jahren für gerechten Welthandel. Ihre Arbeit lässt viele Handels- und Investitionsabkommen scheitern. Der lästige Widerstand soll zum Schweigen gebracht werden.

Einschränkung der Versammlungsfreiheit

Häufig schränken Regierungen auch die Versammlungsfreiheit ein, um unliebsamen Protest auf der Straße zu erschweren. Regierungen bedienen sich dabei der Polizeikräfte oder auch des Militärs, um es Menschen zu erschweren, sich zu treffen, zu mobilisieren und zu protestieren. Sie legitimieren diese Einschüchterungstaktiken über Erzählungen von öffentlicher Ordnung und Sicherheit.

Ende November 2017 trafen sich in Abidjan, der Wirtschaftshauptstadt der Elfenbeinküste, die Staatschefs der EU mit jenen der Afrikanischen Union, um unter anderem über die Fluchtbewegungen zu diskutieren. Ein im Vorfeld stattfindender Gipfel der Zivilgesellschaft wurde von der Polizei einfach aufgelöst. Auch eine Demonstration wurde untersagt. Medial wurde darüber nicht berichtet.

Angriffe auf Medien und freie Meinungsäußerung

Ebenso greifen Regierungen das Recht auf freie Meinungsäußerung an. In extremen Fällen tun sie das direkt über Zensur, sonst indirekt durch politischen und finanziellen Druck auf Medien. Online setzen die Behörden Massenüberwachung ein, um kritische Stimmen auszuforschen und zum Schweigen zu bringen.

Unter dem Autokraten Kazcynski wurden die staatlichen Medien in Polen wurden zur Propagandamaschinerie umfunktioniert. Unabhängige Medien werden finanziell ausgehungert indem staatliche Organisationen keine Werbung mehr in ihnen schalten dürfen.

Was uns in Österreich bevorsteht…

Die Pläne von Schwarz-Blau reihen sich in diese internationalen Entwicklungen ein. So soll beispielsweise unter dem Deckmantel des ‚schlanken Staates’ die Pflichtveröffentlichung im Amtsblatt der Wiener Zeitung gestrichen werden. Dies bedeutet das Ende der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt. Auch auf den ORF wird Druck ausgeübt, ihm stehen Kürzungen bei Budget und Personal bevor.

Wir müssen nicht Teesud lesen um zu sehen, welche Grauslichkeiten uns noch erwarten. Vieles zeigt Schwarz-Blau in den Ländern vor. Knapp vor Weihnachten wurden in Oberösterreich drei Frauenberatungsstellen sämtliche Förderungen gestrichen. Betroffen sind maiz, ein selbstorganisierter Verein von und für Migrantinnen, FIFTITU%, eine Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur, und die Arge SIE, die wohnungslose Frauen betreut.

… und was das für uns alle bedeutet

Klar ist: Unsere politischen Spielräume werden in den nächsten Jahren enger werden. Regierungen weltweit greifen grundlegende BürgerInnenrechte und für uns wichtige Instrumente des Rechtsstaats an – in Österreich, in anderen EU-Ländern und weltweit. Denn je mehr Widerstand sich überall auf der Welt gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem regt, desto mehr werden seine ProfiteurInnen versuchen, diesen zu unterdrücken.

Für uns bedeutet das zum einen, uns lautstark gegen jegliche Versuche der Einschränkung dieser Handlungsspielräume zu Wort zu melden, breite Allianzen zu schließen, und solidarisch miteinander zu stehen. Es bedeutet aber auch neue kreative Strategien und Wege zu finden, repressive Politik zu verhindern und solidarische Alternativen durchzusetzen.

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