KPÖ Plus Salzburg: Das steckt hinter dem Überraschungserfolg

KPÖ Salzburg Wahlparty

KPÖ PLUS ist in Salzburg mit unglaublichen 11,7 Prozent in den Landtag eingezogen. Die ersten Interpretationen des Erfolgs ließen nicht lange auf sich warten: Es wäre ein lokales Phänomen, es läge am charismatischen Spitzenkandidaten, an der Kommunistischen Partei wäre nichts kommunistisch. Das verkennt einige Facetten des Erfolgs, erklärt mosaik-Redakteur Martin Konecny.  

Es ist eine Sensation: KPÖ PLUS zieht im erzkonservativen Salzburg mit fünf Mandaten in den Landtag ein und erreicht auf Bundes- und Landesebene das beste Ergebnis in der Geschichte der Partei. Dabei ist es der KPÖ dieses Jahr zum ersten Mal seit Jahrzehnten gelungen, landesweit zu kandidieren. In den Landtag eingezogen war die Partei zuletzt 1946, vor der Einführung der Fünf-Prozent-Hürde. Mit über 21,5 Prozent ist sie jetzt zweitstärkste Kraft in Salzburg Stadt, doch auch am Land hat die Partei durchwegs gute Ergebnisse erzielt. In Tamsweg im Lungau, das als härtestes Pflaster für die notwendigen Unterstützungserklärungen galt, holte KPÖ PLUS 6,8 Prozent. Das ist nicht nur das Ergebnis eines guten Wahlkampfs. Nein, es ist das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit.

Alles nur der Spitzenkandidat?

Viele Medien schreiben den Wahlerfolg KPÖ-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl zu. Und tatsächlich ist Dankl ein idealer Spitzenkandidat. Kaum jemand versteht es, linke Politik in einem konservativen Kontext so glaubwürdig und überzeugend zu vermitteln, wie er. Radikale Positionen wie jene, dass Wohnen keine Ware sein darf und dem Markt entzogen werden muss, klingen beim Salzburger Spitzenkandidaten so einleuchtend, dass kaum jemand widersprechen kann. Gleichzeitig begrenzt Dankl, wie in der KPÖ üblich, sein Gehalt auf einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn und beweist damit, dass es ihm nicht um Geld und Posten geht.

Als Gemeinderat in Salzburg Stadt ist er seit mittlerweile vier Jahren ständig präsent. Als etwa die Buwog ankündigte, die Südtiroler Siedlung mit vielen günstigen Mietverträgen durch Luxuswohnungen zu ersetzen, waren Dankl und sein Team sofort zur Stelle, um die Mieter*innen über ihre Rechte zu informieren. Auch als das Land Salzburg einen Heizkostenzuschuss mit bürokratischen Zugangskritierien beschloss, unterstützten sie die Menschen dabei, ihn korrekt zu beantragen.

Was von manchen Linken verächtlich als Sozialarbeit abgetan wird, ist in Wahrheit eine solidarische politische Praxis, die beiden Seiten zu Gute kommt. Denn die Hilfestellung und Beratung bringen die Partei direkt in Beziehung zu den berühmten „Sorgen und Nöten“ der Menschen. Sie sind die notwendige Voraussetzung einer zeitgemäßen kommunistischen Politik jenseits von Umfragen, PR-Kampagnen und Floskeln. Dazu kommt, dass es Kay-Michael Dankl durch beharrliche Arbeit gelungen ist, aus der Opposition im Salzburger Gemeinderat heraus eine Reihe konkreter Verbesserungen durchzusetzen. So wurde etwa ein Kautionsfonds eingeführt, der Salzburger*innen dabei unterstützt, die Kaution für eine neue Mietwohnung zu zahlen. Haben die Medien also Recht, wenn sie den Erfolg von KPÖ PLUS allein ihm zuschreiben? Nein, denn Kay Michael-Dankl ist keine One-Man-Show.

Salzburger Aufbau

Der Salzburger Erfolg wäre ohne die Partei im Hintergrund nicht möglich gewesen. Ohne nennenswerte finanzielle Ressourcen wurde in den letzten Jahren eine zunehmend schlagkräftige Landesorganisation aufgebaut. Das ist unter anderem Landesgeschäftsführerin und KPÖ-Bundessprecherin Sarah Pansy zu verdanken. Wie Kay-Michael Dankl war sie zuvor bei den Jungen Grünen und den Jungen Linken aktiv. Bei der Integration neuer Genoss*innen ist es der KPÖ dabei in den letzten Jahren gelungen, eine beeindruckende gesellschaftliche Breite zu erreichen. Das zeigt auch der Blick auf die Kandidat*innenliste. Die Listenzweite, Natalie Hangöbl, unterrichtet an einer Neuen Mittelschule und organisiert Lehrer*innen, Elementarpädagog*innen und Eltern im Arbeitskreis „Bildung und Schule“. Auf der Liste finden sich darüber hinaus gleich mehrere Pfleger*innen und Sozialarbeiter*innen, aber auch Eisenbahner*innen und Tischler*innen. 

Der Erfolg wäre ebenfalls nicht möglich gewesen, wenn nicht in den letzten Wochen unzählige Aktivist*innen, sowohl aus Salzburg aber auch anderen Bundesländern in Stadt und Land, das Gespräch mit den Menschen gesucht- und tausende Ausgaben der  „Salzburger Stimme” in Postkästen verteilt hätten. 

Auch thematisch hat KPÖ PLUS auf die richtigen Anliegen gesetzt. Salzburg, die Stadt mit den teuersten Mieten Österreichs, hat offenbar nur auf eine Partei gewartet, die diese Themen glaubwürdig und konsequent aufgreift. Der Fokus darauf, zentrale Grundbedürfnisse der Profitlogik zu entziehen, hat im Kontext von Teuerung und Verarmung einen Nerv getroffen.

Neuorientierung auf Bundesebene

KPÖ PLUS hat viel von Graz gelernt. Das zeigt, dass das Erfolgsrezept trotz lokaler Unterschiede auch anderswo funktionieren kann. Der Erfolg in Salzburg ist aber auch Teil einer Neuorientierung und eines kontinuierlichen Aufbaus der Kommunistischen Partei auf Bundesebene. Darin unterscheidet sich die Partei auch vom viel beschworenen linken Populismus. Statt auf kurzfristigen Erfolg durch Sprache und Charisma, setzt die KPÖ jetzt auf den Aufbau einer aktiven Basis und Verankerung in der Gesellschaft.  

Seit 2021 hat die Bundes-KPÖ eine neue Führung. Sie stellt nicht nur eine deutliche Verjüngung dar, sondern bringt auch verschiedene Spektren und Praxen der gesellschaftlichen Linken zusammen. Jahrzehntelange KPÖ-Aktivist*innen, junge Linke die vor sechs Jahren aus der Grünen Partei geworfen wurden und Bewegungsaktivist*innen, geben der Partei zahlreiche Impulse.

In den letzten Jahren hat die KPÖ auch damit begonnen, Gräben zwischen der Bundespartei und der KPÖ Steiermark zuzuschütten. So wird sie langsam wieder als vereinte Partei sichtbar. Das äußert sich in den vielen Neueintritten. Gleichzeitig steht die Partei zu ihrem Namen, der anders als der diffuse Begriff „Linke“ für systemische Veränderung steht und die Partei in der Geschichte erdet.

Was das Wahlergebnis bundespolitisch bedeutet

Linke Sozialdemokrat:innen versuchen nun, den Erfolg von KPÖ PLUS für sich und Babler nutzbar zu machen. Sie sehen sich bestätigt und meinen, ein linker Spitzenkandidat Babler könnte es ähnlich machen wie Kay-Michael Dankl in Salzburg. So sehr der Sozialdemokratie ein Kurswechsel zu wünschen ist, so wenig kann das die Lehre für die SPÖ aus dem Salzburger Ergebnis sein. Andreas Babler würde zunächst einmal nichts an der strukturellen Rolle ändern, die die SPÖ seit Jahrzehnten in der Politik spielt. Zu Recht wird die SPÖ in erster Linie als Partei der Staatsapparate wahrgenommen, die Posten und Gelder verteilt und Menschen nicht anhand ihrer Interessen gegenüber Staat und Kapital organisiert. Diese Beziehung zur Gesellschaft neu auszurichten ist eine ganz andere Aufgabe, als einen linken Vorsitzenden zu wählen.

Der Erfolg in Salzburg war der größte seit der Gemeinderatswahl in Graz, aber durchaus nicht der einzige der letzten Jahre. Die Voraussetzung dafür war und ist, dass es der KPÖ zunehmend gelingt, sich als verbindende Partei real in der Gesellschaft zu verankern, solidarische Beziehungen mit Teilen der Arbeiter*innenklasse einzugehen und soziale Kämpfe und Akteure zusammenzubringen. Ob sich der aktuelle Erfolg auf Bundesebene unmittelbar übersetzen lässt, bleibt offen. Wichtiger ist aber, dass die Partei ihren Weg, sich Schritt für Schritt in der Gesellschaft zu verankern, fortsetzt.

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