“Wir können einen Unterschied machen”

Am 10. März wird in der Stadt Salzburg der Gemeinderat gewählt. Während aufgrund des Proporzsystems absehbar ist, dass SPÖ, ÖVP, Grüne und FPÖ und die Neos weiterhin in der Stadtregierung sitzen werden, sieht KPÖ PLUS die Chance, in den Gemeinderat einzuziehen. Es wäre das erste Mal seit 1962, dass in Salzburg wieder ein linker Mandatar gewählt würde. Mosaik-Redakteur Moritz Ablinger hat Kay-Michael Dankl, den Spitzenkandidaten von KPÖ PLUS, interviewt. Ein Gespräch über teure Mieten, Arroganz und wertvolle Solidarität.

Mosaik: Warum schafft die KPÖ PLUS diesmal den Einzug in den Salzburger Gemeinderat?

Kay-Michael Dankl: Bei der letzten Wahl 2014 haben uns nur 50 Stimmen gefehlt. Und seither ist die Notwendigkeit einer linken, sozialen Stimme im Gemeinderat noch größer geworden.

Was meinst du damit?

Vor der letzten Wahl haben alle Parteien, insbesondere die SPÖ und die Grünen, große Töne gespuckt. Sie haben versprochen, etwas gegen die hohen Mieten und die sozialen Ungerechtigkeiten in Salzburg zu tun. Aber was sie wirklich getan haben, war etwas anderes: Der erste Beschluss im Gemeinderat war, die eigene Fraktionsförderung um ein Drittel zu erhöhen.

Ist die Politik in Salzburg besonders abgehoben? Ihr sagt, die PolitikerInnengehälter in Salzburg sind die höchsten in Österreich?

Die Situation ist in Salzburg besonders krass. Zumindest wenn man sie mit ähnlich großen Städten, wie Graz, Linz oder Innsbruck vergleicht. In Salzburg verdienen GemeinderätInnen etwa doppelt so viel wie in Linz und das obwohl dort 50.000 Leute mehr wohnen. Ein/e StadträtIn verdient mit 12.000 Euro doppelt so viel wie in Innsbruck. Ich glaube schon, dass das zu einer gewissen Arroganz führt. Die PolitikerInnen wissen nicht, wie es ist, wenn man mit wenig Geld auskommen muss. Es ist für sie daher auch kein Problem, wenn jeder Salzburger Haushalt jährlich durchschnittlich 100 Euro mehr für die städtische Kanalgebühr zahlt, das gar nicht für die Kanalsanierung benötigt wird, sondern im Budget versickert. Für eine Alleinerzieherin oder den Mindestpensionisten machen 100 Euro im Jahr aber sehr wohl einen großen Unterschied.

Euer zentrales Wahlkampfthema sind die Mietpreise in Salzburg. Wieso?

Die Wohnkosten sind hier gemessen am Haushaltseinkommen die höchsten in ganz Österreich. Zudem sind die Mieten alleine in den 2000ern um 40 Prozent gestiegen, Neubauwohnungen sind um 90 Prozent teurer geworden. 5.000 Wohnungen stehen leer, trotzdem sind zwischen 7.000 und 8.000 Menschen wohnungssuchend. Es wäre Aufgabe der Stadt, die Lage dieser Menschen so schnell wie möglich zu verbessern. Während SPÖ, ÖVP und Grüne vor den Wahlen versprechen, lassen sie das Thema danach rasch wieder unter den Tisch fallen. Stattdessen helfen die etablierten Parteien lieber privaten Immobilienunternehmen. Auf Landesebene haben ÖVP, Grüne und NEOS erst heuer die Wohnbauförderung reformiert, die es für Private noch einfacher macht, Profite mit dem Wohnen zu machen, da Mietpreise nur mehr für zehn Jahre gebunden sind.

Daran werdet ihr im Gemeinderat nichts ändern können.

Das stimmt, aber es hat trotzdem etwas mit der Stadtpolitik zu tun. Die Koalition auf Landesebene ist eine zwischen ÖVP, den Neos und den Grünen. Martina Berthold war bis Juni Landesrätin und ist immer noch Landtagsabgeordnete von den Grünen. Sie hat mitgetragen, dass die Wohnbauförderung 2015 von 280 Millionen Euro auf 144 Millionen halbiert wurde. Jetzt ist sie Spitzenkandidatin in Salzburg und macht sich für „leistbares Wohnen“ stark. Das finde ich unglaubwürdig.

Bisher scheint das wichtigste Thema im Wahlkampf aber nicht der Mietpreis, sondern der Tourismus in der Stadt Salzburg. Selbst die Neos fordern eine Obergrenze für TagestouristInnen. Ihr auch?

Wichtiger als eine Obergrenze wären Park-and-Ride-Anlagen am Stadtrand. Dort könnten die Busse stehen bleiben und müssten nicht ins Zentrum fahren. Es gibt solche Anlagen schon jetzt, aber sie sind total veraltet. Das Tourismus-Thema ist eines, das alle vier Jahre zu den Wahlen auftaucht, danach aber wieder verschwindet. Aber gerade auch der Tourismus in der derzeitigen Form macht Wohnen teurer: 75 Prozent der AirBnB-Wohnungen werden kommerziell vermietet, ein Drittel davon von nur fünf Anbietern. Die Maßnahmen der Regierung dagegen sind Augenauswischerei. Wirksam wäre nur, AirBnB aus der Stadt zu schmeißen.

Wenn die Lage so dramatisch ist, wie du sie beschreibst, warum müsst ihr dann um den Einzug in den Gemeinderat kämpfen?

Die anderen Parteien haben wesentlich mehr Ressourcen als wir. Wir können uns diese großen Plakatkampagnen nicht leisten, die die Gemeinderatsfraktionen fahren. Wir sind auf Spenden angewiesen und bekommen keine Parteienförderungen. Das heißt auch, dass unsere Arbeit auf Freiwilligkeit und Ehrenamt beruht. Bei uns ist niemand angestellt. Das macht es schwieriger.

Warum seid ihr trotzdem optimistisch?

Die Rückmeldungen bei den Gesprächen sind sehr gut. Unsere Themen kommen an, die Leute sehen uns als Opposition. Sie wissen, dass die SPÖ schon seit Jahrzehnten für den Wohnbau in der Stadt zuständig ist und die Grünen seit 27 Jahren das Verkehrsressort inne haben. Trotzdem wird nichts besser.

Bei den Nationalratswahlen vor eineinhalb Jahren hat KPÖ PLUS trotz enormen Einsatzes nur 0,8 Prozent der Stimmen erreicht. Macht dich das nicht nachdenklich?

Die Voraussetzungen waren damals andere. Es gab eine enorme Polarisierung, als kleine Partei tut man sich da schwer. Dazu kommt, dass linke Politik auf lokaler Ebene viel greifbarer ist. Die Leute kennen uns und wir können viel leichter einen Unterschied machen. Die KPÖ ist ja nicht nur in Graz im Gemeinderat, auch in Innsbruck und Linz gibt es linke GemeinderätInnen.

Wie arbeitet ihr mit den anderen KPÖ PLUS-Gruppen zusammen?

Sie unterstützen uns im Wahlkampf, ebenso wie Junge Linke oder ALI aus Innsbruck. Aus den benachbarten Bundesländern, aber auch aus Wien, sind AktivistInnen gekommen, die mit uns gemeinsam an den Infoständen stehen. Wir können durch diese Solidarität ein klein wenig das kompensieren, was die anderen Parteien an Geld mehr haben. Das ist ein schönes Gefühl.

Was werdet im Gemeinderat tun, wenn ihr den Einzug schafft?

Wir wollen eine soziale Alternative sein und gewisse Beschlüsse nicht hinnehmen. Auch wenn wir noch keinen großen Einfluss auf die Mehrheitsverhältnisse haben werden, können wir Dinge gemeinsam mit der Bevölkerung kritisieren und soziale Anliegen auf die Tagesordnung bringen. Wir werden nicht einfach so zusehen, wenn sich die Fraktionen wieder ihre Parteienförderungen erhöhen wollen und sich nicht um die dringenden Fragen kümmern.

Kay-Michael Dankl (30) war von 2015 bis 2017 Bundessprecher der Jungen Grünen. Nach deren Parteiausschluss beteiligte sich Dankl bei KPÖ PLUS. Schon bei den Nationalratswahlen 2017 war er Spitzenkandidat der Salzburger Liste. Er ist bei den Jungen Linken und der Plattform PLUS organisiert. In Salzburg arbeitet er als Historiker und Museumsführer.

Mehr Infos zum Wahlantritt von KPÖ PLUS in Salzburg findest du unter www.kpoeplus-sbg.at

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