Ein österreichischer Chefredakteur einer „linksliberalen“ Wochenzeitschrift meint, dass das Erwähnen eines Wortes in einem gewissen Kontext vollkommen legitim ist.
Der Ausgangspunkt der Debatte war, dass sich die Kanzlerkandidatin der Grünen in Deutschland, Annalena Baerbock, dafür entschuldigte, in einer Fernsehaufzeichnung, das N-Wort benützt zu haben. Das Wort wird bei der Aussendung wahrscheinlich ausgepiept werden, aber sie fand es wichtig das zu thematisieren, anzusprechen und sich zu entschuldigen.
Das Wort, um das es geht, ist ein rassistisch aufgeladenes Wort, das vor knapp 40 Jahren jedoch alltäglich war. Der Autor dieser Zeilen, obwohl aus einem „Land der Arier“ und mit der Hautfarbe von Menschen südlich von Neapel gesegnet, hat dieses Wort als Beschimpfung in einer Wiener Volksschule hören müssen. Da er nicht-deutscher Muttersprache war, hat er zunächst nicht gewusst, was dieses Wort sein soll. Irgendwann hat er es dann verstanden. Der Autor dieses Textes hört auch gerne Rap, wo die englische und rassistisch noch mehr aufgeladene Variante dieses Wortes oft erwähnt wird. Er hat mit der Zeit, also etwa ab dem 13. Lebensjahr, gelernt, dass er dieses Wort öffentlich nicht erwähnen sollte, selbst wenn es im Kontext eines Songs ist.
Alle wissen, um was es geht
Es gibt im Englischen die Umschreibung mit „Nunderscore“, „Ninjas“, „N-Word“, „N*****“ und jeder weiß, worum es geht. Die englische Sprache ist um nichts ärmer geworden. Man kann diskutieren, was es bringt ein Wort nicht auszuschreiben, wenn eh jede*r weiß, worum es geht, aber da jede*r weiß, worum es geht, sollte es auch verständlich sein, dass man ein Wort, das Milliarden Menschen verletzt und rassistisch schwer aufgeladen ist, nicht benützen sollte, unabhängig vom Kontext.
Der*die Leser*n dieses Textes sollte kapiert haben, um welches Wort es geht, obwohl der Autor dieses Textes es bis jetzt kein einziges Mal verwendet. Es ist auch klar ersichtlich, um welchen Chefredakteur es sich handelt. So viele Chefredakteure von linksliberalen Wochenzeitschriften gibt es, Alhamduillah, nicht. Aber da der Chefredakteur der Wochenzeitschrift, wir lassen den Namen weiterhin aus, ein Mann der Schrift, Diskussion und der Debatte ist, oder zumindest vorgibt und glaubt, es zu sein, sollte man seine Aussagen diskutieren.
Aktion und Reaktion
Wie bereits gezeigt wurde, gibt es keinen guten Kontext um das N-Wort auszusprechen. Wenn ein „Weißer“ Mann glaubt, das Wort unbedingt aussprechen zu müssen, dann soll er das auch machen, jedoch damit rechnen, dass es eben Konsequenzen gibt, angefangen damit, als Rassist bezeichnet zu werden, oder sich eben Freunde im rechten Milieu und bei der „Das darf man wohl noch sagen dürfen“-Fraktion zu machen. Es gibt kein Gesetz, das die Verwendung des N-Wortes in seiner Niedertracht verbietet. Es gibt aber ein Gesetz von Aktion-Reaktion. Außerdem, wie vom Chefredakteur angesprochen, ist Kontext wichtig. Martin Luther King war Afro-Amerikaner, hat das Wort in den 1960ern verwendet und laut diversen Quellen wäre er nicht angetan gewesen von einem österreichischen Chefredakteur als Ausrede benützt zu werden, dass dieser das Wort benützen kann.
Um es kurz zu machen, dieses Meme erklärt das Problem.
Kontext ist wichtig
Es ist interessant, dass der Chefredakteur den historischen und politischen Kontext erwähnt. Der historische und politische Kontext war und ist Sklaverei, Kolonialismus usw. Dazu gibt es Bücher. Man muss noch immer nicht das Wort aussprechen. Das Wort ist eben für viele Menschen beleidigend. Das sollte man so akzeptieren. Es gibt Menschen, die sich vom Wort alleine beleidigt fühlen. Es ist auch ein beleidigendes Wort, weil wie bereits erwähnt, der Autor dieses Textes wurde als Kind nicht mit dem N-Wort bezeichnet, weil man ihn so lieb fand. Vielleicht kann man auch den Kontext irgendwann einmal verstehen, in dem der Falter Herausgeber Simon Inou als N-Wort bezeichnet hat.
Ein bisschen Islam oben drauf
Wie der Chefredakteur beim Islam landet, ist relativ unbekannt. Auf jeden Fall trägt der Autor dieses Textes ein Amulett um den Hals, das auf der einen Seite ein Porträt von Ali Ibn-Taleb zeigt und auf der anderen Seite der Prophet. Das Amulett wurde im Iran gekauft. Eventuell sind wir im Iran keine radikalen Muslime. Was eine Maßnahme aus dem siebten Jahrhundert, um Götzenverehrung zu verbieten, mit einer Maßnahme, die sich im 21. Jahrhundert verbreitete, zu tun hat, und auf Anstand und Antirassismus basiert, ist wirklich schleierhaft. Aber der Chefredakteur kennt sich wahrscheinlich beim „Islam“ besser aus als ich.
Im Grunde bin ich dem Chefredakteur auch nicht wirklich böse. Der Chefredakteur ist auch nur Österreich und steht für die Wurstigkeit, die es hier eben gibt. Er wäre in normalen Ländern spätestens seit dem Köln-Cover nicht mehr tragbar gewesen. Dort würden sich Redakteur*innen seiner Zeitschrift von ihm distanzieren.
Hier in Österreich ist aber alles egal, genauso wie es egal ist, was Kurz, Blümel und co. tun. Es geht um nix und der Wochenzeitschrift und dem Chefredakteur geht es auch um nix, außer ein paar neue Abonennt*innen. Insofern ist es nur das Spiegelbild einer Gesellschaft und von einem Land, in dem es wirklich um nix geht, wo Rassismus zum guten Ton gehört. Österreich ist eben auch das Land, in dem der Anchor der ZiB2 den Kriegsverbrecher George W. Bush einen Staatsmann nennt. Österreich ist halt Österreich.