Die EU könnte nächste Woche das Internet zerstören

Am 26. März stimmt das EU-Parlament über die Urheberrechtsreform ab. Sie könnte das Internet, wie wir es kennen, grundsätzlich verändern und beschädigen. Ein Blick auf die Kernpunkte von Andreas Czák.

Die Urheberrechtsreform steht vor der Tür. Wenn wir jetzt nicht handeln, ist es zu spät. Im September haben wir erklärt, worum es in der Debatte um das Urheberrecht geht und den Entwurf der Reform vorgestellt. Seither wurde der Gesetzesentwurf in den Trilogverhandlungen verändert, verbessert wurde nichts. Nächste Woche, Dienstag, fällt nun die endgültige Entscheidung über die Reform im EU-Parlament. Am Samstag, den 23. März, steigt der internationale Aktionstag gegen Uploadfilter mit Demos in ganz Europa, unter anderem in Salzburg, Innsbruck und Wien.

Was hat sich seit dem Entwurf im September verbessert? Was wurde schlechter?

Uploadfilter jetzt noch schlimmer – Artikel 13

Artikel 13, der eine faktische Verpflichtung für Uploadfilter vorsieht, hat sich seit dem Entwurf vom September nicht verbessert, im Gegenteil. Sein Umfang wurde sogar noch ausgeweitet. Nun sind alle Plattformen betroffen, außer sie sind jünger als drei Jahre, erwirtschaften weniger als zehn Millionen Euro Umsatz und verzeichnen weniger als fünf Millionen User. Die Ausnahme fällt weg, sobald eines der drei Kriterien erfüllt ist. Das heißt: Jede Plattform, die älter als drei Jahre ist, ist betroffen. Uploadfilter kontrollieren vor der Veröffentlichung eines Postings automatisch, ob darin eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Eine kompakte Erklärung, worin genau das Problem damit besteht, gibt es hier auf Deutsch oder auf Englisch.

Leistungsschutzrecht (sogenannte Linksteuer) – Artikel 11

Das Leistungsschutzrecht soll Verlagen ermöglichen, ihre Inhalte gratis ins Netz zu stellen, aber für Teaser-Texte und Teaser-Bilder Geld von Google und anderen Suchmaschinen zu verlangen. Das ist immer noch eine unsinnige Idee, da Google für die Teaser-Texte nicht bezahlen wird. Google testet bereits, wie die Suchmaschine ohne diese Vorschaubilder und Texte aussehen würde. Das Prinzip ist schon in Deutschland und Spanien gescheitert, nun soll es offenbar EU-weit scheitern.

Verlagsbeteiligung an Urheber*inneneinnahmen – Artikel 12

Ausgehend von deutschem Verlagslobbying müssen Urheber*innen zukünftig einen Teil ihrer Einnahmen aus der Leerkassettenvergütung und Festplattenabgaben an Verlage abtreten. Zuvor war dies bereits freiwillig möglich, nun werden Urheber*innen teilenteignet. Es ist ein Rätsel, wie hier die Gesetzgeber von einer Verbesserung von Autor*innen und Musiker*innen reden können.

Das Spezialgesetz zu Sportveranstaltungen – gestrichen

Zumindest etwas Positives: Im derzeitigen Entwurf ist nicht mehr die Rede von einem Spezialgesetz zu Sportstätten, die es User*innen verunmöglicht hätte, eigene Handy-Aufnahmen von Fußball-, Schi- oder Formel-1-Events ins Netz zu stellen. Ein kleiner Erfolg, immerhin.

Was du dagegen tun kannst

Wir haben eine Kampagnenwebsite gegen Uploadfilter auf die Beine gestellt. Sie ist in allen EU-Sprachen verfügbar. Dort findest du alle Informationen zum Thema. Außerdem hast du die Möglichkeit, etwas zu tun: Du kannst dich mit deiner Telefonnummer registrieren, um EU-Abgeordnete kostenfrei anzurufen und sie zu überzeugen, gegen Uploadfilter zu stimmen. Selbst wiederkehrende Rückrufe kannst du einstellen, damit du dran erinnert wirst, deine demokratischen Mitbestimmungsrechte in Anspruch zu nehmen.

Mithilfe dieses Tools haben bereits hunderte Menschen mehr als 2.000 Mal in Brüssel angerufen und insgesamt über 120 Stunden am Telefon verbracht. Wir haben diese Protestform bewusst gewählt, da uns bei Mailkontakten seitens mancher EU-Abgeordneten vorgeworfen worden ist, dass diese automatisiert gewesen und nicht von Einzelpersonen versendet worden seien.

Wie kannst du mehr über die Urheberrechtsreform erfahren?

Für alle, die sich noch mehr über die Urheberrechtsreform informieren möchten, gibt es viele deutsche Artikel auf Netzpolitik.org, mehrsprachige Blogbeiträge von Julia Reda, deutsche EU-Abgeordnete und Schattenreporterin im Urheberrechtsausschuss. Lesenswert sind auch die englischsprachige Stellungnahme der International Federation of Journalists, der Kommentar des Erfinders des World Wide Web, Tim Berners Lee, zur Urheberrechtsreform, ein offener Brief von 169 Akademiker*innen zum Leistungsschutzrecht und ein wirklich empfehlenswerter Artikel: „The EU Copyright Directive and the Emperor’s New Clothes“.

Andreas Czák arbeitet seit 2015 bei der netzpolitischen Organisation epicenter.works, die damals noch AK Vorrat hieß. Czák ist dort Campaigner.

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