In der bayerischen Hauptstadt machen Aktivist:innen gegen die Internationale Automobil-Ausstellung IAA mobil. Ein Bericht von Anselm Schindler.
Direkt zu den Füßen der Bavaria, der wohl identitätsstiftendsten Statue Münchens, haben seit Anfang der Woche Klimaaktivist:innen ihre Zelte aufgeschlagen. Sie sind aus dem ganzen Bundesgebiet zusammengekommen, um gegen die umstrittene Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) zu protestieren. Diese fand in den Jahren zuvor in Frankfurt am Main statt. Dieses Jahr wird zum ersten Mal München zur Bühne für das, was Anna Meyer als „Propagandashow der Autokonzerne“ bezeichnet. Meyer ist Aktivistin und zugleich Pressesprecherin des Aktionsbündnisses „Smash IAA“, einem von mehreren Zusammenschlüssen, die gegen die IAA mobil machen.
Greenwashing durch Elektromobilität
Das Bündnis kritisiert, dass München von den Autokonzernen benutzt werde, um Greenwashing zu betreiben. Um sich in der Klimakrise also einen grünen Anstrich zu geben, vor allem mit Elektromobilität. Diese sehen Expert:innen allerdings skeptisch. Denn auch bei der Produktion von E-Autos entstehen massiv Treibhausgase. Und der Strom, mit dem sie fahren, kommt zumeist immer noch von fossilen Energieträgern. Die Klimabewegung kritisiert E-Mobilität deshalb schon lange als Scheinlösung. Sie fordert einen massiven Ausbau des Öffentlichen Personenverkehrs als Alternative zum Individualverkehr.
Bereits im Vorfeld der IAA hat die Stadt München alles versucht, um den Protesten gegen das Event der Autokonzerne Steine in den Weg zu legen. Während die IAA mit Infozelten, Ständen und Ausstellungen nahezu alle größeren Plätze der Münchner Innenstadt in Beschlag nimmt, verdrängt die Stadt ihre Gegner:innen an den Rand der Theresienwiese, wo normalerweise das Oktoberfest stattfindet.
Autobahnblockaden gegen die IAA
Das diesjährige Konzept der IAA ist neu und vor allem der Coronakrise geschuldet. Statt einer großen Messe gibt es viele dezentrale Orte in der Stadt an denen 700 Aussteller ihre Produkte präsentieren. Die Ausstellungsorte heißen „Open Spaces“. Für Kritik an dem Event der Autokonzerne sind IAA und Stadt München allerdings nicht sonderlich offen. Das zeigt auch ein Vorfall am Mittwochabend: Als Aktivist:innen am Odeonsplatz, einem der zentralen Plätze in der Münchner Altstadt, einen satirischen Stadtrundgang beginnen wollen schreitet die Polizei ein. „Wir hatten geplant, auf die Belagerung der Stadt durch die Autokonzerne hinzuweisen, und das mit satirischen Texten“, erklärt Anna Meyer zu der Aktion. „Aber dann wurden wir von der Polizei drei Stunden lang an der Rolltreppe gekesselt“.
Die Aktion war nicht die einzige, die in den vergangenen Tagen für Furore und Repression geführt hat. Bereits Anfang der Woche blockierten Aktivist:innen in München mehrere Autobahnen. Sie wurden festgenommen und werden wohl frühestens am Sonntag freigelassen – also dann, wenn die IAA wieder vorbei ist. Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann kritisiert die Aktionen an der Autobahn. Die „akzeptable Grenze“ sei dabei überschritten worden. Die Aktivist:innen am Camp sehen eine andere Grenze überschritten. Die der Belastbarkeit des globalen Klimas und die Grenze, an der man tatenlos dabei zusehen kann, wie das politische Personal die Menschheit immer tiefer in die Klimakrise führt. Deshalb sind in den kommenden Tagen noch weitere Aktionen geplant. Am heutigen Freitag wird es weitere Blockaden geben und morgen werden viele tausend Menschen zu einer Demonstration erwartet.
Zusammenschluss mit Beschäftigten der Industrie
Im Kampf gegen die gescheiterte Klimapolitik der Regierung ermpfinden es die Aktivist:innen von „Smash IAA“ als besonders wichtig, sich mit den Beschäftigten in der Industrie zusammenzuschließen. „Die Kapitalisten nutzen Klimaschutzmaßnahmen schon jetzt für Entlassungen und Einsparungen“, erklärt Anna Meyer. „Sie werden versuchen, die Klimabewegung und die Belegschaften gegeneinander aufzubringen, das müssen wir verhindern“, ergänzt Max Schneider, ein weiterer Sprecher von „Smash IAA“. Er betont, wie wichtig es sei, dass Arbeiter:innen und Klimabewegung gemeinsam für einen sozialen und nachhaltigen Umbau der Wirtschaft kämpfen.
Daneben müsse der zivile Ungehorsam weiter gehen. Und das wird er, auch in den nächsten Tagen in München. Dafür bereiten sich Aktivist:innen auch auf dem Campgelände mit Trainings vor. Falls die IAA nach München umgezogen ist, um auf weniger Widerstand zu stoßen, haben sie die Organisator:innen offenbar verschätzt.