30 Bewohner*innen eines Gebäudes am Wiener Gürtel haben seit drei Wochen keine Heizung und keinen Strom mehr – obwohl sie zeitgerecht ihre Rechnungen begleichen.
Es ist Herbst, als A. von einem leistbaren Zimmer im zwölften Bezirk erfährt. Anfang Oktober zeigt ihm einer der beiden Hauptmieter*innen des Gebäudes unterschiedliche Räume in dem ehemaligen Hostel. A. sucht sich ein Zimmer aus, unterschreibt einen Untermietvertrag, zahlt 1 300 Euro als „Vertragsgebühr und Provision“ an den Untervermieter und zieht ein. 500 Euro überweist er außerdem monatlich als Miete. Ende November tauchen Angestellte der Wiener Netze in Polizeibegleitung auf und stellen den Strom des Gebäudes ab. Seitdem gibt es keine Heizung, kein Warmwasser und kein Licht mehr im ganzen Haus.
Illegale Stromzufuhr
Laut Wiener Netzen GmbH wurde bereits im April 2022 der Stromliefervertrag für das gesamte Gebäude gekündigt und die Stromzufuhr unterbrochen. Nachdem sie widerrechtlich wieder in Betrieb genommen wurde, forderte der Hauseigentümer die Wiener Netze auf, den Strom erneut abzustellen. Deswegen der Einsatz im November.
Wie das passieren konnte, verstehen die 30 Untermieter*innen nicht. Sie alle haben Verträge mit derselben Privatperson abgeschlossen und können die Überweisungen der letzten Monatsmieten vorweisen. Die Bankdaten wurden A. telefonisch mitgeteilt, sagt er. Im Mietzins ist eine Pauschale für Strom, Heizung und Warmwasser inkludiert.
Gaskocher im Dunkeln
Mittlerweile hat es im Haus unter zehn Grad und es wird mit Gaskochern gekocht. A. besucht eigentlich einen Deutschkurs, seit Wochen kann er die Aufgaben dafür nicht mehr erledigen. „Um vier Uhr ist es dunkel, da kann ich nicht mehr lernen“, sagt er. Familien mit Kindern hätten bis vor kurzem auch in dem Haus gewohnt, doch die seien nun ausgezogen. Trotz Sprachbarrieren versuchen die verbliebenen Mieter mit Unterstützung von „En commun – Zwangsräumungen verhindern“, Lösungen für ihr Problem zu finden. Doch niemand zeigt sich verantwortlich. „Hier wird die prekäre Situation der Mieter*innen ausgenutzt“, vermutet En Commun auf Instagram.
„Ein dubioses Geschäftsmodell“
Es scheint sich um ein dubioses Geschäftsmodell zu handeln, heißt es vonseiten der Mietervereinigung – und es klinge nach einer Umgehungskonstruktion. Dabei werde ein Hauptmieter als Mittelsmann eingesetzt, um die Rechte der Untermieter*innen zu restringieren.
Wo der Missstand seinen Ursprung hat, ist unklar. Zuständig für die Anliegen der Untermieter*innen sind im Normalfall die Vermieter*innen. Sie verweisen jedoch an die Hausverwaltung Omega und den Immobilienbesitzer, den Bauträger Pecado GmbH. Zu einem Statement waren bis zum Veröffentlichungszeitpunkt weder Vermieter*innen, Hausverwaltung noch Bauträger bereit.
Räumungsaufforderungen
Inzwischen sind die Untermieter*innen des alten Hostels noch verunsicherter. Im Stiegenhaus hängt ein Zettel, auf dem auf Hocharabisch steht, alle Mieter*innen müssten bis Ende des Jahres ausziehen. En commun ortet laut Pressemitteilung ein konkretes Ziel in den Vorgängen. Es läge darin, Mieter*innen „rauszuekeln, um mehr Profit mit (sic!) dem Haus zu schlagen“. Pecada GmbH, Omega und Hauptmieter*innen äußerten sich bisher nicht zu diesen Vorwürfen.
Ausziehen müssen die verbliebenen Mieter aufgrund des Zettels jedenfalls nicht. Um einen Mietvertrag innerhalb eines befristeten Mietverhältnisses aufzukündigen, benötige einen gerichtlich bestätigten Kündigungsgrund, so die Mietervereinigung. Mit ihrer Hilfe wollen die Untermieter*innen nun selbst rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einleiten. Das dringendste Problem sei aber im Moment der fehlende Strom und die Frage, wie dieser schnell wieder angeschaltet werden könne, so En commun.