Bank Austria in der Krise: Was wir draus lernen können 

Ursprünglich die gemeinnützige Zentralsparkasse des Roten Wiens, endete die Bank Austria im Gefolge der Privatisierung als Osteuropa-Subholding der italienischen UniCredit. Die riskante Expansion scheint nunmehr in einem Scherbenhaufen zu enden. Für mosaik-Redakteur Josef Falkinger ein Lehrstück neoliberaler Bankenpolitik.

Bereits 1905 als gemeinnützige Sparkasse der Gemeinde Wien gegründet, wurde die Zentralsparkasse in den 1920er Jahren zum äußerst erfolgreichen Rückgrat des roten Wiens. Sie trug zwischen 1919 und 1934 mit den Einlagen kleiner Sparerinnen und Sparer unter Finanzstadtrat Hugo Breitner wesentlich zur Finanzierung der Gemeindebauten und anderer Investitionen der Stadtverwaltung bei. Von 1945 bis in die 1980er Jahre setzte sich der Erfolgskurs fort. Ohne die „Z“, wie sie damals genannt wurde, wären der Wiederaufbau und die deutlichen Verbesserungen des Lebensstandards der Wiener Bevölkerung ab den 1960er Jahren undenkbar gewesen. 1990 war die „Z“ gemessen am Filialnetz die größte Bank Österreichs. Diese Zeit ist heute genauso vergessen wie das Maskottchen der „Z“, der Sparefroh.

Die 1990er und der Traum vom geregelten Markt

Bereits Ende der 1980er setzte sich in der österreichischen Sozialdemokratie die Meinung durch, dass der Markt mit seiner Konkurrenz um den höchsten Profit auch im volkswirtschaftlich sensiblen Bankenwesen grundsätzlich der beste Wirtschafter sei. Eine ideologische Kehrtwende um 180 Grad. Die misstrauischen GenossInnen wurden zuerst damit beruhigt, dass der Staat ja als Kernaktionär bleiben würde. Begriffe wie Sperrminorität fielen. Die Entwicklung der Zentralsparkasse schien der neuen Theorie vorerst recht zugeben. Indem die Zentralsparkasse mit der ebenfalls staatlichen Länderbank zur Bank Austria fusionierte, konnte sie im Zuge der Privatisierung des 51-Prozent-Staatsanteils der Creditanstalt (CA) zum Schrecken des BürgerInnentums sogar das damalige finanzielle Herzstück der schwarzen Reichshälfte in die Hände bekommen. Doch der Traum währte nur kurz. Ein paar Jahre später und die Bank Austria selbst landete bei der italienischen UniCredit. Statt „Sperrminorität“ und „österreichischem Kernaktionär“ also „Osteuropa Subholding“ und “Expansionsvehikel“ – ein Lied, dass auch Beschäftigte der Telekom, der Borealis (ehemalige Chemie Linz) und der ehemaligen VA Industrieanlagebau singen können.

Vom Traum zur Realität

Besonders durch den Erwerb der CA war die Bank Austria von Anfang an ausgezeichnet in Zentral- und Osteuropa vernetzt. Bereits 1987 gründete die CA Filialen in Prag und Moskau, 1990 folgten Budapest und Laibach. Im Jahr 2000 kam das Osteuropa-Netzwerk der bayrischen HypoVereinsbank dazu. 2005 übernahm die UniCredit die Bank Austria und wickelte über die Bank Austria als Subholding das gesamte Geschäft in Zentral- und Osteuropa ab. Bank Austria UniCredit firmierte in dieser Region als größter internationaler Player mit 2013 ca. 46.396 MitarbeiterInnen und 2.500 Filialen in 13 Ländern.

Von 1945 bis in die 1980er Jahre hatten Banken wie Länderbank, Zentralsparkasse und sogar die CA die Aufgabe, vor allem den volkswirtschaftlichen Zielen Österreichs zu dienen. Die Nachfolgebank dieser Institute diente schlussendlich vor allem als Knotenpunkt für den Expansionskurs einer internationalen Konzernmutter. Aber der Expansionskurs in Zentral- und Osteuropa sollte sich im Zuge der Wirtschaftskrise 2007 als Blase herausstellen. 2013 schreibt die Bank Austria einen Rekordverlust von 1,6 Milliarden Euro. 2015 steht die Bank vor der Zerschlagung.

Filetierung

Gerüchten zufolge soll das biedere und unprofitable PrivatkundInnengeschäft der Bank Austria jetzt an den Hedgefonds Cerberus verkauft werden und damit der BAWAG angegliedert werden. Die Bank Austria wird zukünftig hauptsächlich Vermögensverwaltung für vermögende Privatkunden und große Firmenkunden betreiben, das Osteuropageschäft wird abgekoppelt. Der nach dem Wächter zum Höllentor, dem vielköpfigen Höllenhund Cerberus benannte Hedgefonds wird zulasten der KundInnen und MitarbeiterInnen versuchen, das PrivatkundInnengeschäft zu sanieren. Laut WIFO wackelt in Österreich jeder dritte Job im Bankenwesen. Was dieser Schrumpfkurs für die Kreditvergabe an Klein- und Mittelbetriebe bedeutet, kann nur gemutmaßt werden. Schmankerl am Rande: Die Gemeinde Wien garantiert noch aus alten Zeiten der Zentralsparkasse für eine Reihe von Pensionslasten.

Wie weiter?

Von 1945 bis in die 1980er bestand die zentrale Idee eines an volkswirtschaftlichen Zielen ausgerichteten Bankensystems darin, Spareinlagen und Vermögen via Kredit in die produktivsten Sphären der Realökonomie umzuleiten, um Spekulationsblasen zu verhindern. Heute werden unproduktive Vermögen über Vermögensverwaltung und Investmentbanking hauptsächlich in spekulative Sphären des Finanzmarktes geleitet. Das biedere Bankgeschäft mit Girokonten und kleinen Spareinlagen verliert dabei an ökonomischer Bedeutung.

Meines Erachtens zeigt sich im historischen Rückblick das öffentliche Bankwesen dem Markt überlegen. Aufgaben gäbe es auch heute genug: Die Finanzierung von Wohnbau und Infrastruktur, die strategische Entwicklung des Industriestandortes, die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben sowie der Aufbau einer modernen Forschungslandschaft. KritikerInnen dieser Sichtweise weisen gerne darauf hin, dass auch öffentliche Banken seit den 1980er Jahren in aufsehenerregende Spekulations- und Korruptionsfälle verstrickt waren (Hypo Alpe Adria, Landesbanken in Deutschland,…). Das ist zwar richtig, hat aber damit zu tun, dass das Management dieser Banken vom öffentlichen Eigentümer explizit angewiesen wurde, den Standpunkt der Gemeinnützigkeit zu verlassen und sich an der Firmenpolitik einer auf kurzfristigen Profit ausgerichteten Aktiengesellschaft zu orientieren. Notwendig ist folglich vor allem auch ein Politikwechsel.

Josef Falkinger ist Ökonom und Gewerkschaftsaktivist.

Autor

 
Nach oben scrollen