Eine Stadt im Ausverkauf: Wie Klagenfurt an einen Immobilieninvestor verscherbelt wird

Der geplante Ausbau des Klagenfurter Flughafens sorgte zuletzt für mediales Aufsehen. Hinter den Plänen steckt der Kärntner Immobilieninvestor Franz Peter Orasch. Er will das Gesicht von Klagenfurt umgestalten. Möglich macht das die Stadtpolitik unter SPÖ-Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz, berichtet  mosaik-Redakteurin Julia Brandstätter.

Seit letztem Jahr ist Franz Peter Orasch mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer des kleinsten österreichischen Flughafens. Nun liegen seine Pläne auf dem Tisch, in die er die Miteigentümer – das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt – zuvor nicht eingeweiht hatte. Auf dem südlichen Ende des Flughafengeländes, auf einer über 150.000 Quadratmeter großen Wiese, soll eine „Aviation City“ entstehen, die ein Flughafenhotel, ein Logistikzentrum, einen Technologiepark, ein Messezentrum sowie umfangreiche Infrastruktureinrichtungen umfasst. Hierzu benötigt Orasch allerdings noch eine Umwidmung des Grünstreifens in Bauland. Diese würde zu einem Wertzuwachs im mehrstelligen Millionenbereich führen.

Eine Milliarde Euro will Orasch für den Ausbau des Flughafens locker machen. Damit der Regionalflughafen Gewinn abwirft, sollen nicht mehr wie im Vorjahr 230.000, sondern eine Million Passagiere pro Jahr abgefertigt werden. Ab einer Beförderungskapazität von 400.000 Passagieren soll der Flughafen profitabel werden.

Dieses Vorhaben gelingt nur, wenn neue Fluglinien angelockt werden, die den kleinen Regionalflughafen an die großen Hubs Frankfurt, Paris, Moskau und Istanbul anbinden. Das will Orasch mit niedrigen Kerosinpreisen erreichen. Die Flugzeuge würden dann in Klagenfurt zwischenlanden und billig auftanken.

Ausverkauf einer Stadt

Franz Peter Orasch hat sein Handwerk als Chef der Development-Abteilung bei der Signa Holding von René Benko gelernt. Benko ist als milliardenschwerer Immobilieninvestor und enger Vertrauter von Sebastian Kurz bekannt. Benko hat unverwechselbar ähnliche Pläne für Bozen – oder „Benko-City“, wie die Bozner mittlerweile ihre Stadt nennen.

2001 gründete Orasch die Lilihill Capital Group, eine Holding für die drei Unternehmensbereiche Immobilien, Investments und Unternehmensbeteiligungen sowie Landwirtschaft. Seit einigen Jahren kauft er mit Vorliebe Objekte im Stadtgebiet von Klagenfurt. Neben dem Flughafen gehören ihm das bereits abgerissene KTZ-Redaktionsgebäude, das Hotel Moser Verdino, das Salzamt und das ehemalige Quellehaus am Heiligengeistplatz – allesamt Immobilien in bester Innenstadtlage.

Auch für das Klagenfurter Messegelände hat er bereits Pläne geschmiedet. Auf über 100.000 Quadratmetern will er ein völlig neues „hypermodernes“ Stadtviertel aufziehen und „innovative Unternehmen“ ansiedeln.

Daneben sahnt Orasch noch Widmungsgewinne ab, die ihm die Stadt verschafft. Bei Umwidmungen in Bauland fallen die Gewinne nämlich dem Grundeigentümer zu. Einen solchen Gewinn hat Orasch aufgrund einer Teilbebauungsplanänderung des von ihm erworbenen ehemaligen KTZ-Redaktionsgebäudes nach Schätzungen eines Klagenfurter Gemeinderates in der Höhe von einer Million Euro kassiert. Andere Städte wie München, Bern, Berlin und Basel haben rechtlich festgelegt, dass Widmungsgewinne besteuert werden und mindestens zum Teil der Allgemeinheit zugutekommen müssen („Mehrwertabgabe“).

Am Ende diktiert der Immobilienmogul

Auf Investitionsentscheidungen von Privaten hat die Stadt keinen Einfluss. Demnach ist der Nutzen für die Allgemeinheit und die ökologische Verträglichkeit kein Kriterium. Statt einer Ausdehnung des Klagenfurter Flugverkehrs wäre der massive Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) geboten. Ein breit gefächertes Schnellzugsystem, mit dem man kostengünstig oder gratis innerhalb weniger Stunden auch ferner gelegene Städte erreichen könnte, würde wohl einige Kurzflugstrecken überflüssig machen und vor allem eine klimafreundliche und relativ rasche Anbindung an die großen Hubs auch ohne Flug ermöglichen.

Aber die Stadt Klagenfurt legt die Entscheidungsmacht in die Hände eines Immobilienmoguls, dessen Entscheidungen unternehmerischen Profitabilitätsüberlegungen folgen. Die Organisation von Individual- und Reiseverkehr, Stadtplanung, Architektur und Baukultur sowie Investitionsentscheidungen im Allgemeinen werden nicht demokratisch ausgehandelt, sinnvoll geplant und ausgeführt, sondern von Privaten diktiert.

„Schürfgelände für Spekulanten“

Das macht sich nun bei Oraschs Flughafenplänen schmerzhaft bemerkbar. Die Klagenfurter Bevölkerung hat keine Mitsprache, ob sie mehr Flugverkehr und massenhaften Messetourismus befürwortet. Und die Stadtregierung hat aufgrund mangelnden Gestaltungswillens keinen Einfluss auf die Baupläne von Orasch. Sie lobt dagegen seine „ambitionierten Pläne“ und drängt lediglich auf „Transparenz“, das heißt, auf die Offenlegung der im Geheimen geschmiedeten Pläne über die Stadtentwicklung Klagenfurts. „Wir von der Stadt sind immer offen für Investoren. Aber es geht uns um Transparenz“, bemerkt die Bürgermeisterin von Klagenfurt Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) ganz im Sinne des „Wirtschaftsstandortes“ gegenüber dem ORF.

Die „Plattform kritisches Klagenfurt“, ein Zusammenschluss kritischer Bürger und Bürgerinnen, die sich nun gegen Orasch in Stellung bringen, beklagte jüngst in einem Leserbrief an die Kleine Zeitung die Passivität der Stadtpolitik: „Klagenfurt braucht wieder eine Stadtbaudirektion, braucht einen Gestaltungsbeirat, eine verantwortungsvolle und professionelle Wahrnehmung der öffentlichen Schutzgüter, und das (teuer erarbeitete) Stadtentwicklungskonzept, beschlossen 2014, muss aktualisiert und verbindlich werden. Die Stadt ist ein öffentliches Gut, Lebensraum der Bevölkerung. Sie ist nicht ein Schürfgelände für Spekulanten.“

Das erwähnte, bereits im Jahr 2014 beschlossene Stadtentwicklungskonzept gelangte nie zur Umsetzung. Darin wurde etwa eine „restriktive Widmungspolitik“ im Sinne einer ökologisch nachhaltigen Stadtentwicklung beschlossen und das Ziel formuliert, „innerhalb des Stadtkerngebietes künftig zwei Drittel des neu zu widmenden Wohnbaulandes dem geförderten Wohnbau zur Verfügung zu stellen“. Der gute Wille bleibt der Logik des Standortwettbewerbs aber untergeordnet.

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