Amazon: Die Packerl der Einen sind die Ausbeutung der Anderen

Die Weihnachtszeit beginnt und damit auch die umsatzstärkste Saison im Handel. Der zunehmende Onlinehandel, allen voran das Unternehmen Amazon, wird immer mehr zum Garant der Weihnachtsfreude. Dabei sind die Arbeitsbedingungen katastrophal. Doch immer mehr ArbeiterInnen wehren sich. Ein Film zeigt ihre Kämpfe.

Die Weihnachtszeit beginnt und damit auch der Zeitraum, der im Handel für ordentliche Gewinne sorgt. Nicht umsonst läutet die Adventszeit die alljährliche Debatte um Öffnungszeiten an Feiertagen ein. Der Onlinehandel nimmt zu, 2018 erwirtschaftete er immerhin einen Umsatz von 3,8 Milliarden Euro. Amazon ist hier der uneinholbare Marktführer. Hinter jedem fünften Paket der deutschen Post steht die Handelsplattform.

Der Pakethandel verzeichnet jährliche Wachstumsraten im zweistelligen Bereich. Die Aktien sind auf Rekordniveau. Und das Geschäft wächst und wächst. Eine Studie der deutschen Post schätzt das Wachstum der weltweiten Paketbranche bis 2020 auf 25 Prozent jährlich, mit einem von Umsatzvolumen von 940 Milliarden Euro. Das ist das 2,5-Fache der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Die Menschen aber, die in der Paketzustellung und den Lagerhäusern arbeiten, haben mit fatalen Bedingungen zu kämpfen.

Zustellung ist Arbeit, die nichts kosten soll

Unter Zirkulationsarbeit fällt die Arbeit, die nötig ist, damit fertige Produkte und Dienstleistungen zu den Kund_innen finden. Darunter fällt beispielsweise die Zustellung eines Pakets, aber auch das Lagern von Waren. Waren, die herumliegen, verkaufen sich nicht. Die Zustellung einer Bestellung sind Zusatzkosten, weil sie nichts zur Wertschöpfung des fertigen Produkts beitragen. Das ist der Grund, warum beispielsweise die deutsche Post mit Fahrrädern für die Kleinlogistik experimentiert.

Auch in Lagerhäusern kommen Technologien zum Einsatz, um die Profitabilität zu steigern. Durch Robotik kann der Lagerraum ausgebaut und verdichtet genutzt werden. Zugleich wird der Arbeitsprozess unabhängiger von menschlicher Arbeit. Es sind vor allem die großen Konzerne wie Amazon, die mit Technik spielen können, um mehr Output mit weniger Arbeitskraft zu erzeugen. Der Onlinehandel ist einer der großen Antreiber. Seine kurzen Lieferversprechen, wie ein paar Stunden bei Amazon Prime, beschleunigen den Lieferprozess. Die Folgen: Arbeitsintensivierung, maximale Kontrolle der Arbeiter_innen und Reduktion von Arbeitswissen.

Doppelt so viele Unfälle

Nicht umsonst ist die Unfallquote in US-amerikanischen Warenhäusern doppelt so hoch wie in anderen Sektoren der Privatwirtschaft. Höher als am Bau und höher als im Kohleabbau. Auch das Amazon-Verteilzentrum in Großebersdorf nahe Wien steht nicht für tolle Arbeitsbedingungen: 90 Prozent der Belegschaft sind Leiharbeiter_innen. Sie müssen in engen Gängen arbeiten und ihre Leistung wird ständig dokumentiert.

Die Bedeutung der Branche zeigt sich daran, dass selbst der Weihnachtsfrieden von der Disziplin ihrer Lager- und Logistikarbeiter_innen abhängt. Als letztes Jahr in der Weihnachtszeit die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zum Streik in Amazon-Lagern aufrief, hieß es in der deutschen Tageszeitung „Die Welt“: „Weihnachtsgeschenke in Gefahr“. Und die Bild stellte die zentrale Frage: „Kommen Weihnachts-Päckchen jetzt noch rechtzeitig?“

Film über Arbeitskämpfe in Italien

Ermächtigung ist möglich, selbst unter den Ausgangsbedingungen der Lagerarbeiter_innen. Der Film „Die Angst wegschmeißen“ dokumentiert die Arbeitskämpfe und Gewerkschaftsarbeit in den Lagerhäusern der norditalienischen Po-Ebene. Dort haben Handelsriesen wie Ikea und Amazon ihre Lagerhäuser. Es sind vor allem (undokumentierte) Migrant_innen, die dort unter prekären Bedingungen arbeiten.

Das Filmteam begleitet die Organisierungs- und Mobilisierungsarbeit der unabhängigen Gewerkschaft S.I. Cobas. Sucht man die S.I. Cobas auf Youtube, findet man eine endlose Liste kurzer Filme, durchwegs mit Handykameras gefilmt. Man sieht die S.I. Cobas, wie sie von Polizist_innen verprügelt werden, wie sie öffentliche Proteste abhalten, man sieht sie auf Demos und bei öffentlichen Diskussionsveranstaltungen. Ihre mediale Kommunikation ist nicht professionalisiert, aber sie zeigt, dass Gewerkschaftsarbeit ein sozialer Kampf ist, der vor und in Betrieben stattfindet.

Arbeitskampf vor Weihnachtsfriede

Die Weihnachtszeit beginnt, der Handel freut sich. Die notwendige Logistik für den wachsenden Onlinehandel lastet auf dem Rücken von Lieferant_innen und Lagerarbeiter_innen. „Die Angst wegschmeißen“ zeigt, dass gewerkschaftliche Kämpfe nötig sind und erfolgreich sein können. Der Film zeigt auch die Hoffnung, durch soziale Kämpfe ein emanzipatorisches politisches Bewusstsein durchzusetzen. Auch bei den Konsument_innen.

Veranstaltungshinweis: Die Junge Linke zeigt „Die Angst wegschmeißen“, heute, am 2. Dezember, um 19:00 Uhr  in der Gußhausstraße 14. Kooperationspartner: „Das Gehäuse der Hörigkeit“.

Autoren

 
Nach oben scrollen