PEGIDA und ihre Phantomängste

Sich vor etwas zu fürchten, was nicht da ist, kennen wir ja schon von den Pegidasten und Pegidastinnen, nun schlägt dieses Phänomen aber neue Wellen. Ohne die PEGIDA-Demo in Graz je besucht zu haben, kam es zu einer Anzeige gegen einen Satiriker wegen Verhinderung oder Störung einer Versammlung.

PEGIDA schlägt zu, denn ihr reicht es. Neben der Islamisierung, haben sie mit einem anderen Feind zu kämpfen, der ständigen Verballhornung. Ob HOGIDAs (Hobbits gegen die Isengardisierung des Auenlandes), SCHNEEGIDAs oder PEGIDAs (PARTEI Elite gegen die Islandisierung des Abendlandes), die Häme reißt nicht ab. Die angeblichen Verfechter der Meinungsfreiheit gehen nun dagegen vor.

Spaziergang in Graz

Am 29. März fand in Graz der erste PEGIDA-Spaziergang statt und auch hier hatten sie wieder mit Gegenprotesten zu kämpfen. Mit einem mussten sie allerdings am meisten kämpfen, und zwar einem, der gar nicht da war. Nachdem die anwesenden Polizisten und Polizistinnen vor der Sperre die Schilder mit Aufschriften wie „Wer Moslem ist entscheiden wir!“ oder „Tibet raus aus der EU!“ genauestens inspiziert und für PEGIDA tauglich befunden hatten, liefen die Anhänger*innen und Funktionär*innen der Partei Die PARTEI in Richtung Versammlungsort. Noch bevor diese sich zu den Reihen der Abendland schützenden Patrioten und Patriotinnen stellen konnten, wurde ihnen der Zutritt wieder verwehrt. Auf die Frage hin, warum ihnen das Betreten der Demonstration untersagt werde, wurde ihnen geantwortet: „Weil ich euch kenne.“ Ohne weiters großes Aufsehen zu erregen, machten diese sich kurzerhand zur Gegendemonstration auf. Währenddessen befand sich einer ihrer Genossen im Zug von Wien in Richtung Vorarlberg. Doch ausgerechnet dieser wurde angezeigt.

“Je suis…”

Das große Verständnis war schon bald vorbei, als der frühere PEGIDA-Sprecher Lutz Bachmann das Satiremagazin Titanic wegen eines satirischen Textes anzeigen wollte. Mit diversen NAZI-Safaris oder eingeschleusten Bannern, mit nicht immer auf den ersten Blick erkennbaren Botschaften hielten die Aktionen der PARTEI die PEGIDASTEN und PEGIDASTINNEN auf Trab, sowie die Menschen auf der Gegenseite der Demonstration bei Laune. Dabei ist die Bedrohung, welche von Aktionen wie diesen ausgeht, durchaus real. So zog Island seine EU-Beitrittsbestrebungen zurück, nur kurz nachdem Die PARTEI bei der ersten PEGIDA-Demonstration in Wien vor der drohenden Islandisierung warnte.

Die Anzeige

Aus der Anzeige geht hervor, dass insgesamt drei von dreizehn anwesenden Personen wegen Störung oder Verhinderung einer Veranstaltung angezeigt wurden. Wenigsten zwei von drei waren auch tatsächlich vor Ort. Wie es zur Anzeige der dritten Person kam, wirft Rätsel auf. Die Anzeige lässt vermuten, dass schlicht und einfach die Namen der ersten drei Vorstandsmitglieder aus diesem obskuren Internet herauskopiert wurden, denn vor Ort wurden keinerlei Personalien aufgenommen.

Beweisvideo führt zur Einstellung des Verfahrens

Ein Video, auf dem eine der angezeigten Personen nicht zu sehen ist, beweist die Unschuld. Natürlich könnte nun vermutet werden, dass die Omnipräsenz der Abwesenheit auf dem Video zur Einstellung des Verfahrens führte, doch dem war nicht so. Denn aus der offiziellen Erklärung geht nur hervor, dass auf besagtem Videomaterial keine Störung oder Verhinderung der Veranstaltung sichtbar sei.

Auch die anderen beiden Verfahren gegen die tatsächlich anwesend gewesenen Personen, welche auch auf dem Video sichtbar sind, wurden eingestellt. In Zukunft wird es wohl nicht mehr nötig sein, bei PEGIDA-Demonstrationen vor Ort zu sein, um für Unruhen zu sorgen. Weitere rechtliche Schritte werden derzeit noch geprüft.

Marcel Pierre Hintner studiert Politikwissenschaften, ist Autor und Generalsekretär der Partei Die PARTEI Österreich.

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