Nein, Herr Heinzlmaier!

Bernhard Heinzlmaier, ehemaliger Vorsitzender des VSStÖ, hat am 7. Juni in einem Kommentar der anderen im Online-Standard die Bildung einer SPÖ-FPÖ Landesregierung deutlich begrüßt. Die taktisch unterlegene Position gegenüber der ÖVP würde nun endlich aufgegeben werden.

Rechtfertigt der taktische Wechsel zur FPÖ-Burgenland diese Meinung? Nein! Warum? Im Großen und Ganzen geht es in Heinzlmaiers Beitrag um die Frage, ob sich die traditionelle SPÖ-Strategie für eine solidarische Gesellschaft schon seit Jahren nur mehr auf einen Machterhalt der eigenen Funktionärskaste verändert hat.

Zunächst geht es in der Politik, so Heinzlmaier, um die „Durchsetzung von Interessen der Kernschichten, die eine Partei vertritt.“

Was aber sind nun die Interessen der Kernschichten? Soziale Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderlichkeit gar Schwesterlichkeit als Werte, Vollbeschäftigung, sichere Arbeitsplätze, sichere Pensionen, stetiges nachhaltiges Wachstum, gerechte Verteilung, Gleichberechtigung, Geschlechtergerechtigkeit und Antifaschismus als strategische Ziele. Gemessen an diesen Zielen schaut die Bilanz für die Sozialdemokratie gar nicht gut aus. Steigende Arbeitslosenzahlen, Verdrängung niedrig qualifizierter ArbeitnehmerInnen durch Einwanderer, eine immer größer werdende Armut, das sind nicht zu leugnende Tatsachen mit denen die FPÖ ihr zweifelhaftes Spiel spielt.

Die Antwort der SPÖ war seit Jahrzehnten eine neoliberale Strategie  (mit Ausnahme von zwei Jahre nach der Finanzmarktkrise 2008).  Ich erinnere nur an die von EU forcierten Programme im Zuge des Lissabon Prozesses, das Sixpack, das TwoPack, den Stabilitäts- und Wachstumspakt und v.a. an die sog. Stabilitätskriterien, die die eigentliche Ursache für steigende Arbeitslosigkeit und Armut, das Zurückdrängen von Sozialleistungen, Wachstum etc. sind.

Wo sind sie geblieben, die Ziele der Vollbeschäftigung, des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts und stetiges Wachstum? Die Forderung nach einem ökologisch nachhaltigen Wachstum hat im Übrigen die Sozialdemokratie nie begriffen. In der aktuell diskutierten Steuerreform z.B. sind gerade einmal beschämende 200 Millionen Euro für ökologische Steuern vorgesehen, bei einem Gesamtvolumen von über 5 Milliarden Euro.

Es besteht eine Spaltung zwischen den sozialdemokratischen Programmen und der Umsetzung geradezu in ihr Gegenteil, einer neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Nur die WählerInnen haben mittlerweile  die Realität erkannt, die SPÖ blinkt links, biegt aber rechts ab. Wieso haben alle SPÖ Bundeskanzler der letzten 30 Jahre diese Grauslichkeiten der EU Politik mitgetragen? Wo war der Widerstand des Herrn Faymann, z.B. gegen die Austeritätspolitik im EU-Rat? Herr Gusenbauer wollte gar den wirtschaftspolitischen Unsinn einer maximalen Defizitquote in die Verfassung schreiben.

Die sog. Steirische Reformpartnerschaft von SPÖ und ÖVP ist geradezu ein Paradebeispiel eines neoliberalen Projekts. Kostensenkungen durch Zusammenlegung von Gemeinden, Reduzierung von öffentlichen Ausgaben, der Pflegeregress wurde erst nach massiven Auseinandersetzungen zurückgenommen etc. Mitwirkung der Betroffenen? Denkste, es wurde von „oben“ entschieden. Gerade durch diese neoliberale Politik, die die sozialdemokratischen Kernschichten massiv benachteiligte, wurde erst der Wiederaufstieg der Freiheitlichen ermöglicht.

Machterhalt

Die vermeintliche SPÖ Strategie nach Solidarität, Chancengleichheit, Verteilungsgerechtigkeit hat sich schleichend in eine Strategie des Machterhalts der obersten SPÖ-Funktionärskaste verwandelt.

Jüngstes Beispiel dafür ist die Bestellung von Norbert Darabos zum burgenländischen Landesrat. Als Verteidigungsminister mutierte er plötzlich vom Anhänger einer Wehrpflichtigenarmee zum Vertreter eines Berufsheeres. Herr Voves steht ihm da nicht nach. Nach dessen Ankündigung bei einem Wahlergebnis unter 30% für die SPÖ zurückzutreten, tat er das … vorerst nicht. Wie glaubhaft sind diese Leute ?!

Eine Koalition mit der FPÖ soll nach Meinung von Herrn Heinzlmaier die „taktische inferiore Position“ verbessern? Mit dieser ausländerfeindlichen FPÖ? Wer die Fotos über die Aktion der FPÖ vor der Asyl-Aufnahme in Erdberg letzte Woche gesehen hat, kann sich nur angewidert abwenden. Da werden Flüchtlinge, die den Schrecken aus ihrer Heimat entkommen konnten mit Plakaten empfangen, die sie gleichsam als unerwünschte Personen erachten?

Ich erlebe die VertreterInnen der Freiheitlichen Arbeitnehmer in den Vollversammlungen der AK-Wien. Sie haben inhaltlich nichts zu sagen! Selbst ihre moralisch verwerfliche Forderung nach Errichtung einer eigenen MitgrantInnen-Sozialversicherung können die Freiheitlichen nicht einmal wirtschaftlich argumentieren. Die Finanzierung des österreichischen Sozialversicherungssystems würde in diesem Fall zurückgehen, weil die MigrantInnen Nettoeinzahler sind. Auch das Debakel der FP-Landesregierung in Kärnten sollte Grund genug sein, diese Partei in keine Regierung zu lassen.

Wie viele Gründe braucht Herr Heinzlmaier noch, dass seine Begeisterung für diese neue burgenländische Landesregierung verschwindet?

Es geht heute darum, sich wieder mit der Vision einer solidarischen Gesellschaft aufzustellen. Umgemünzt auf eine Strategie bedeutet das u.a. sich für Vollbeschäftigung, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Sicherheit von Pensionen, ökologisch nachhaltiges Wachstum und Mitbestimmung auf allen Ebenen einzusetzen.

Das kann heute weder eine SPÖ und schon gar nicht eine FPÖ leisten.

Fritz Schiller ist AK-Rat der Wiener Arbeiterkammer für die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen (AUGE/UG), Mitglied des Bundesvorstandes der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck-Journalismus-Papier (GPA-djp). Fritz Schiller ist in keiner Partei Mitglied.

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