Debatte I | Linker Populismus ist keine Antwort

Nach den Wienwahlen rufen viele nach einem linken Populismus als Antwort auf das Erstarken der Rechten. Doch tatsächlich ist ein linker Populismus nicht links. Er ist von der Annahme geprägt, die Menschen wären zu dumm für komplexere Zusammenhänge. Anstelle von mehr Populismus brauchen wir geduldige Kleinarbeit die sich mit den Alltagsproblemen der Menschen auseinandersetzt.

Vom grünen Peter Pilz angefangen bis zum Wien anders-Pressesprecher Sebastian Reinfeldt wird im Linkspopulismus plötzlich die einfache Antwort auf die Schwäche der Linken gesehen: Man kann bei arbeitenden Menschen und bei „Modernisierungsverlierern“ punkten, wenn man, wie die Freiheitlichen, eine plakative Sprache verwendet, Zusammenhänge vereinfacht und zuspitzt, aber gleichzeitig nicht die Ausländer und Ausgegrenzten sondern die Banken und Konzerne als Feindbild aufbaut. Das ist die Argumentationslinie, der die fortschrittlichen Kräfte jetzt folgen sollen.

Ich erinnere mich daran, dass sowohl Grüne als auch „universitäre“ Linke aus dem Umfeld der KPÖ uns – damit meine ich die Grazer und die steirische KPÖ – jahrelang einen linken Populismus vorgeworfen haben. Unsere Politik, die darauf abzielt die Alltagsprobleme der Menschen ernst zu nehmen, ihnen konkret zu helfen und sie an das Begreifen der großen Widersprüche in unserer Gesellschaft heranzuführen, wurde oftmals als „Stimmenkauf“ oder „Caritaspolitik“ geringgeschätzt. Dabei basiert der Wahlerfolg der Grazer und Steirischen KPÖ genau auf diesem Ansatz.

Hochmut in anderem Gewand

Nun ist also der linke Populismus etwas Erstrebenswertes. Wirklich? Ich glaube nicht. Aus den Plädoyers für diesen Kurs spricht nämlich der gleiche Hochmut gegenüber den „gewöhnlichen“ Menschen, wie er bei „universitären“ Links- oder Grün-Gruppierungen zu finden ist. ArbeiterInnen, PensionistInnen und alle die keinen akademischen Abschluss vorweisen können, werden als unverbesserliche ReaktionärInnen abgeschrieben. Der Linkspopulismus behauptet dasselbe in neuem Gewand.

Die LinkspopulistInnen meinen, dass die meisten Leute, denen eine Stimme für die FPÖ wie der schärfste Denkzettel für die herrschenden Parteien vorkommt, weit weniger gescheit sind als man selber. Für die HacklerInnen genügen daher einfache Formeln, um sie auf die Seite der fortschrittlichen Kräfte zu ziehen. Damit übernimmt man aber die Vorgangsweise der FPÖ, denen die Lebensumstände der Mehrheit der Bevölkerung egal sind, die aber ihre Stimmen brauchen.

Es geht aber nicht um Brachialplakate von Links, es muss um eine andere Haltung der fortschrittlichen Kräfte gehen: Wir müssen Menschen ernst nehmen, die sich verbal nicht so gewandt artikulieren können, die oft nicht wissen, wie sie die Miete bezahlen können, für die der Schulskikurs ihrer Kinder zum finanziellen Problem wird, die im Gegensatz zu vielen „universitären“ Linken tatsächlich in der Realität einer Migrationsgesellschaft leben.

Kleinarbeit bringt Vertrauen

Natürlich ist es sinnvoller auf ein Plakat zu schreiben: „Brecht die Macht der Banken und Konzerne“ als „Ein Gratispinguin für jeden Haushalt“. Aber auch ersteres wird die Menschen nicht erreichen, wenn sie der politischen Kraft und den Personen dahinter nicht vertrauen. Wie lässt sich aber Vertrauen gewinnen? Nur durch geduldige Kleinarbeit.

Das ist nicht die Frage eines Wahlkampfes, nach dem man sich wieder auf das Trockendock oder in esoterische Diskussionsrunden zurückzieht. Der Erfolg in der Steiermark war das Ergebnis einer hartnäckigen und zielgerichteten Arbeit, die vor allem Lösungen für die drängendsten Wohnungsfragen im Auge hatte. Die Wahlerfolge kamen erst nach der Anerkennung für konkrete Arbeit.

Weil man für das Aufbauen von Vertrauen einen langen Atem braucht, sollten sich die fortschrittlichen Kräfte in Österreich auf die anstrengende, aber sinnvolle Arbeit an der Basis konzentrieren. Der Zuspruch und die Anerkennung von Menschen, denen man konkret helfen kann, oder kleine Erfolge im überschaubaren Bereich, geben einem die Motivation, um weiterzumachen.

Beispiel Wohnen

Nur ein Beispiel: Die Wohnungsfrage ist der schlagende Beweis dafür, dass eine Überwindung des Profitsystems notwendig ist. Wohnen darf keine Ware sein. Unsere aktuelle Kampagne auf diesem Gebiet beschränkt sich aber auf einen Teilbereich: Die MaklerInnengebühren sollen künftig von den VermieterInnen getragen und begrenzt werden. Dafür sammeln wir in Graz und in der Steiermark Unterschriften, bis jetzt schon deutlich über 1000.

Die steirischen MaklerInnen sind nervös geworden, sie schalten Großplakate, auf denen sie ihre Leistungen anpreisen, und sie werfen uns Populismus vor. Was wir tun, ist aber nicht Populismus, sondern aktionsorientierte Politik gemeinsam mit den Menschen. Das ist ein großer Unterschied.

Es hilft wenig, wenn wir im kleinen Kreis feststellen, dass wir mit unseren Analysen Recht haben. Es geht darum, in Bewegungen aktiv zu sein und dort einen Lernprozess über die grundlegenden Widersprüche in unserer Gesellschaft einzuleiten.
Das hat nichts mit Populismus zu tun. Ich meine, dass es einen linken Populismus nicht geben kann. Wer populistisch agiert, handelt gegen unsere Prinzipien. Es geht darum, Schritt für Schritt,  österreichweit eine politische Kraft aufzubauen,  der es gelingt, sich mit größeren Teilen der Bevölkerung zu verbinden und sowohl der Regierung als auch den RechtspopulistInnen etwas entgegenzusetzen. Diese soziale Alternative könnte auch dem Ansturm der FP standhalten und den Menschen Hoffnung geben. Dafür lohnt es sich zu kämpfen, nicht für einen Populismus von links.

Franz Parteder war 19 Jahre lang Vorsitzender der KPÖ Steiermark.

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